(Registrieren)

Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Öffentliche Bauskandale Reformbedarf CARSTEN HEIL

Geschrieben am 17-08-2012

Bielefeld (ots) - Über Deutschland lacht die Sonne, über Berlin
lacht Deutschland - und die internationale Flugbranche. Jedenfalls
wenn es nicht so peinlich und vor allem nicht so teuer wäre. Der Bau
des neuen Hauptstadtflughafens, so viel ist sicher, mündet in ein
Desaster. Um 1,7 Milliarden Euro sind die Kosten für das Großprojekt
auf mehr als vier Milliarden Euro angewachsen, ein Ende ist nicht in
Sicht. Ähnlich ist es beim Mega-Neubau der neuen Zentrale des
Bundesnachrichtendienstes. Erst verschwanden geheime Bauunterlagen,
und dann explodierten auch bei diesem Vorhaben die Kosten. Es ist
auffällig, dass solche Projekte besonders oft aus dem Ruder laufen,
wenn die öffentliche Hand baut. Denn auch die Elbphilharmonie in
Hamburg gerät zum Finanz- und Managementskandal. Dem Stadtarchiv in
Köln - einst in der Baugrube der U-Bahn (öffentlicher Bau)
verschwunden - droht ein ähnliches Schicksal. Und in Bielefeld stellt
die Verwaltung nach Beginn der Bauarbeiten für das technische Rathaus
plötzlich fest, dass Platz für das gesamte Umweltamt mit etwa 100
Arbeitsplätzen fehlt. Zuvor war schon die Baugenehmigung umstritten
und von einem Anlieger erfolgreich beklagt worden. In der Gemengelage
von Politik und Verwaltung wuchert bei Bauvorhaben überall
Dilettantismus. Oder werden privatwirtschaftliche Skandale nur
weniger bekannt? Oder werden moderne Projekte automatisch so groß,
dass effektive Planung und Kontrolle nicht möglich sind? Deshalb auf
sie verzichten? Unsinn. Was wäre die Skyline Sydneys ohne die Oper?
Und auch in Hamburg ist die Skandalphilharmonie schon heute
faszinierender Hingucker. Politiker sind keine Experten für
Großbauten, keine Bauingenieure, keine Projektmanager oder
Fachjuristen. Müssen sie auch nicht sein. Dafür haben sie die
Verwaltungen. Doch dort fehlt es ebenfalls an Fachleuten. Die
thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht bemerkt, dass
die Beamten den Profis der Privatwirtschaft nicht gewachsen sind. Als
Antwort schlägt sie eine Eliteschule für Beamte vor. Guter Ansatz,
aber die erfolgreichsten und besten Absolventen gingen bald in die
Privatwirtschaft, weil dort besser bezahlt wird. Diesen
Preiswettbewerb kann und darf die öffentliche Hand nicht aufnehmen.
Die private Großbauwirtschaft steigt in jedes Projekt mit
Billigangeboten ein und verhandelt dann genauso unverschämt und
dreist wie hartnäckig nach. Wenn es zu spät ist zum Aussteigen. Die
Bedingungen sind neu zu regeln. Angebote müssen verbindlicher, später
nachgeschobene Wünsche der Bauherren vor dem Beschluss verlässlich
bepreist sein, eine externe Kontrolle und Bauaufsicht vorgeschrieben
werden, so dass stets eine neutrale Stelle zur Überprüfung der
Streitigkeiten existiert. Außerdem muss eine stärkere
Verantwortlichkeit verankert sein. Fehlerhaftes Handeln, Versagen und
Gleichgültigkeit bleiben in der öffentlichen Verwaltung eher ohne
Folgen als in der Privatwirtschaft. Und da dort immer mit eigenem
Geld, nicht mit dem anderer Menschen (Steuerzahler) gearbeitet wird,
ist dort auch die Aufmerksamkeit größer.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

412333

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Moskauer Gericht spricht "Pussy Riot" schuldig Schauprozess STEFAN BRAMS Bielefeld (ots) - Für zwei Jahre müssen die Musikerinnen der Punk-Band "Pussy Riot" ins Straflager. Das befürchtete Urteil gegen die drei jungen Musikerinnen zeigt einmal mehr: Die gelenkte russische Demokratie funktioniert wie geschmiert. Präsident Wladimir Putin hat im Zusammenspiel mit der Staatsanwaltschaft, einer willfährigen Richterin und unter dem Applaus der konservativen, staatsnah agierenden russisch-orthodoxen Kirche den Prozess gegen die Punk-Band "Pussy Riot" dazu genutzt, ein Exempel zu statuieren. Denn den alten Eliten mehr...

  • Neues Deutschland: Gefährlicher Weg - Kommentar zu nach Karlsruhe-Entscheid möglichen Bundeswehreinsätzen im Inland Berlin (ots) - unächst einmal das Positive. Gibt es das? Na ja, scheinbar. Das Militär bekommt - anders als das politische Hitzköpfe in der Union oder der SPD mit dem Einstieg per Luftsicherheitsgesetz wollten - keine Polizeifunktionen. Die Richter gestatten der Regierung keinen Einsatz der Bundeswehr gegen das Grundgesetz insgesamt. Auch Demonstrationen - wer auch immer sie warum wie hoch schaukelt - sind kein Alibi, um einen »Unglücksfall« zu erkennen, der einen Militäraufmarsch rechtfertigt. Und doch ist der Spruch aus Karlsruhe mehr...

  • Westfalen-Blatt: zum Thema FDP: Bielefeld (ots) - Der eine hat fünf Manuel Neuer, aber keinen Bastian Schweinsteiger, der andere hat Marco Reus doppelt, wünscht sich aber noch Mesut Özil und Mario Gomez: Was wir von Fußball-Sammelbildern noch gut in Erinnerung haben, macht offenbar auch den Liberalen sehr viel Freude. Aktuelles Beispiel ist das politische Tauschgeschäft »Abschaffung der Praxisgebühr« gegen »Einführung der Zuschussrente«. In Wahrheit feilscht die FDP aber nicht wirklich um Themen, sondern ihr geht es vorrangig um ihre eigene Zukunft. Die Tauschgeschäfte mehr...

  • Westfalen-Blatt: zum Thema Bundesverfassungsgericht: Bielefeld (ots) - Mehrfach hat das Verfassungsgericht der Politik den Weg gewiesen - von der Berechnung der Hartz-IV-Sätze über die Stärkung der Parlaments bei der Euro-Rettung bis hin zum verschlampten Wahlgesetz. Diesmal aber stiften die Richter Verwirrung. Einerseits heben sie die grundgesetzliche Trennung von Polizei und Militär faktisch auf, andererseits bleiben die Kriterien für einen Bundeswehreinsatz etwa bei Terrorgefahr vollkommen schwammig. Schleierhaft auch, warum das höchste Gericht einen Militäreinsatz gegen Demonstranten mehr...

  • Westfalen-Blatt: zum Thema Pussy Riot: Bielefeld (ots) - »Herr Gott, mach, dass dieser Diktator verschwindet!« Wie viele Unterdrückte stoßen täglich diesen Ruf aus! Die meisten tun es heimlich. Spektakuläre Aktionen wie der der Punkband Pussy Riot sind selten - und gerade deshalb für Regime wie die Wladimir Putins gefährlich. Der russische Staatschef und Freund von Ex-Kanzler Gerhard Schröder entwickelt sich zum lupenreinen Diktator. Sicher gibt es Gläubige, denen die Aktion der drei Mädchen in der Moskauer Erlöser-Kathedrale nicht gefallen hat. Doch Religionsfreiheit mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht