(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Steuersplitting

Geschrieben am 12-08-2012

Bielefeld (ots) - Was wohl aus dem alten Rollenspiel »Vater,
Mutter, Kind« meiner frühen Jugend geworden ist? Vermutlich gibt es
das Spiel heute nicht mehr, weil die vielen Formen der Teil- und
Patchwork-Familien inklusive gleichgeschlechtlicher Beziehungen die
Spielregeln verkompliziert haben. Die traditionelle Form - Vater und
Mutter in erster Ehe verheiratet, mit zwei oder mehr Kindern - ist
immer mehr eine von vielen. Nur der Staat weigert sich in mancher
Hinsicht noch, seine Regeln den veränderten Rahmenbedingungen
anzupassen. Das steuerliche Ehegattensplitting subventioniert nach
wie vor, dass sich Mann und Frau versprechen, ein Leben lang für
einander da zu sein. Grundlage ist Artikel 6 der deutschen
Verfassung. Lässt man dessen religiöse Begründung beiseite, dann gab
es bei Abfassung des Grundgesetzes dafür auch einen realen sozialen
Grund: Zu einer Zeit, in der ein Partner - fast immer die Frau - die
gesamte Erziehungszeit zu Hause blieb, bewahrte es eine Familie mit
Kindern vor dem Absturz in die Armut. Heute aber ist das
Ehegattensplitting nur ein Instrument der Familienförderung.
Kindergeld, Kinderfreibetrag, Elterngeld, die beitragsfreie
Mitversicherung bei der Krankenversicherung, der Bau von
Kindertagesstätten, Kindergärten, Schulen und so weiter - alle sind
in diesem Zusammenhang viel wichtiger. Sicher würde der Wegfall des
Splittings in der jetzigen Form auch manche geringverdienende
Kleinfamilie treffen. Doch ließen sich diese Auswirkungen durch ein
neu einzuführendes Familiensplitting ausgleichen. Der Vorteil dieser
Alternative wäre, dass jede Form des Für-Kinder-Daseins gefördert
würde. Vielleicht sogar auch des Für-pflegebedürftige-Eltern-Daseins,
falls sich dieser zusätzliche Passus finanzieren ließe. Nicht
bezahlbar? Das muss erst bewiesen werden. Bei genauer Kalkulation
stellt man nämlich fest: Einige Profiteure des jetzigen Systems
verlören bei einer Reform ihre Privilegien. Gemeint sind Ehen, in
denen ein Partner die Erfüllung seines Lebens einzig darin sieht,
sich und dem anderen das Zuhause so angenehm wie möglich zu machen.
Grundlage ist das hohe Einkommen oder Vermögen dessen, der für die
Steuern aufkommt und durch das Splitting viel spart. Es ist nichts
dagegen einzuwenden, dass sich jemand für diesen Lebensweg
entscheidet. Aber muss ihn die Gesellschaft subventionieren? Wer
genau rechnet, wird möglicherweise feststellen, dass so mehr Geld in
der Staatskasse bliebe als durch eine Reichensteuer hineingespült
würde. Auf Dauer wird die Politik nicht an einer Gleichstellung
eheähnlicher Gemeinschaften mit verheirateten Paaren beim
Ehegattensplitting vorbeikommen. Dafür wird schon das
Bundesverfassungsgericht sorgen. Statt am Ehegattensplitting zu
flicken sollten die Regierungsparteien die Chance nutzen, das
Steuersparmodul durch ein anderes zu ersetzen: Familiensplitting
fördert die, die wirklich Verantwortung und Lasten für die Kinder
tragen.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

411302

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur finanziellen Situation der Städte und Gemeinden Bielefeld (ots) - »Ein Kaputtsparen bei der öffentlichen Infrastruktur lehnen wir ab«, heißt es im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen in NRW. Aber wenn doch erst einmal mit dem Sparen begönnen würde! - so möchte man da ausrufen. Jeder, der die Diskussionen in den Kommunen vor Ort verfolgt, weiß, wie schwer sich Gemeinde- und Stadträte damit tun, auch nur geringe Summen zu kürzen. Bei den ganz großen Brocken wie Personal- oder Sozialausgaben ist eh' nichts zu machen. Wenn es jetzt einige der vom Land mit Millionen bedachten Pleitekommunen mehr...

  • Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zu Romney Stuttgart (ots) - Das war ein gutes Wochenende für US-Präsident Barack Obama. Eine wichtige Personalentscheidung seines republikanischen Herausforderers Mitt Romney wird er mit einer gewissen Erleichterung aufgenommen haben. Der berief nämlich mit dem 42-jährigen Kongresspolitiker Paul Ryan einen Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten, der dem Obama-Lager eine große Angriffsfläche bietet. Pressekontakt: Stuttgarter Nachrichten Chef vom Dienst Joachim Volk Telefon: 0711 / 7205 - 7110 cvd@stn.zgs.de mehr...

  • FT: Staatliche Ausflüge ins Verbrechermilieu Flensburg (ots) - Die Schweiz ist keine Bananenrepublik. Ihre Gesetze bedürfen keiner deutschen Nachhilfe. Deutsche Staatsbürger, die sich ihrer steuerlichen Pflichten entziehen, verdienen keine Schonung. Weil das so ist, bemühen sich die Regierungen in Berlin und Bern um einen praktikablen Kompromiss. Wie sich in dieser Phase angeblich rechtsstaatliche deutsche Autoritäten auf schmierige Geschäfte mit Dieben und Betrügern einlassen können, weil sie aus fiskalisch-deutscher Sicht erhebliche Nachzahlungen erzwingen, macht gleichwohl mehr...

  • Rheinische Post: Stellvertreterkrieg Kommentar Von Thomas Seibert Düsseldorf (ots) - Mit der gemeinsamen Planung für eine Flugverbotszone in Syrien drohen die Verbündeten USA und Türkei dem syrischen Regime und demonstrieren Einigkeit. Gleichzeitig verschaffen sich die Amerikaner aber auch eine Art Vetorecht über türkische Militäraktionen und schieben einem möglichen Alleingang der Türken, die in den vergangenen Wochen viel über Militärschläge in Syrien gesprochen haben, sanft einen Riegel vor. Die US-Außenministerin Hillary Clinton weiß aber auch, wie sehr die syrische Opposition auf westliche mehr...

  • Rheinische Post: Frauenquote kommt Kommentar Von Eva Quadbeck Düsseldorf (ots) - In der Frage der Frauenquote droht Deutschland von der europäischen Realität überholt zu werden. Während die deutsche Frauenministerin noch nicht einmal eine zahnlose Selbstverpflichtung durchsetzen kann, bastelt die EU-Kommission bereits an einem Gesetz, dass Unternehmen zwingt, Vorstände und Aufsichtsräte zu mindestens 40 Prozent mit Frauen zu besetzen. Deutschland wäre dafür besser gewappnet, wenn sich bereits heute mehr tun würde in Sachen Frauen in Spitzenpositionen. Die fehlende Frauenquote kann sogar zum mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht