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DER STANDARD-Kommentar "Die Maus als Dompteur" von Michael Völker

Geschrieben am 09-08-2012

"Spindelegger will bei seinem Dressurakt in der Volkspartei
mehr Mitsprache" - Ausgabe 10.8.2012

wien (ots) - Im Grunde genommen hat Michael Spindelegger in seiner
Partei nicht viel zu sagen. Er wird als Bundesvorsitzender von den
Landesorganisationen und den Bünden mehr geduldet als getragen. Das
Problem der ausgeprägten föderalen Strukturen haben andere Parteien
auch, selbst die Grünen werden von ihren Landesorganisationen
geknechtet, in der ÖVP ist die Dominanz der Länder aber traditionell
besonders stark ausgeprägt.
Ein Blick ins Parlament zeigt das Problem deutlich: Von den 51
schwarzen Abgeordneten wurden acht von der Bundespartei nominiert. 43
kamen über die Landeslisten in den Nationalrat. Bei den Landeslisten
hat der Chef in Wien nichts mitzureden. Die Loyalitäten der
Abgeordneten sind auch klar verteilt: Sie liegen bei den Ländern. Die
haben ihnen den Sprung ins Parlament ermöglicht, und nur wenn sie
folgsam gegenüber den Landesparteichefs sind, kommen sie das nächste
Mal wieder auf die Liste. Die Macht ist also in den Ländern zu Hause.

Auch finanziell ist die Bundespartei auf die Unterstützung aus den
Ländern angewiesen, dort werden die Wahlkampfkassen gefüllt. Und wenn
die Parteispitze in Wien nicht pariert, werden die Zahlungen
reduziert oder eingestellt. Bis wieder gefolgt wird. Zuletzt war das
unter Josef Pröll, ÖVP-Chef von 2008 bis 2011, der Fall. Dass
ausgerechnet Michael Spindelegger jetzt mehr Durchgriffsrechte auf
die Landesorganisationen fordert, ist herzig. Wenn Wolfgang Schüssel
ein Löwe war, der von den Landesparteien gebändigt werden musste,
dann ist Spindelegger eine Maus. Eine, die Männchen macht. Jetzt
will diese Maus bei ihrem Dressurakt mehr mitreden. "Das darf aber
keine Einbahnstraße sein", sprach Erwin Pröll aus St. Pölten, und
damit war das Vorhaben der Maus, sich mehr Rechte zu verschaffen,
auch schon torpediert. Ein Abtausch gegenseitiger
Eingriffsmöglichkeiten zwischen Landesparteien und der Bundes-ÖVP -
das kann für den Parteichef in Wien nur schlecht ausgehen. Männchen
machen und - hopp! - durch den Reifen springen. Die föderalen
Strukturen in der ÖVP zu lockern (nicht abzuschaffen) ist so
notwendig wie unwahrscheinlich: Die Partei könnte sich viel agiler
bewegen, aber die Landeschefs werden sich ihre Macht nicht wegnehmen.
Ganz abgesehen davon: Einen Ernst Strasser oder einen Josef Martinz
kann auch eine Reform der Parteistatuten nicht verhindern.
Menschenkenntnis könnte helfen, aber Entgleisungen können vorkommen,
schlimm genug. Die Frage ist, wie man damit umgeht. Spindelegger
braucht keine Durchgriffsrechte in die Länder, er braucht Autorität.
Dass einer, der kriminell ist, gehen muss - eh klar. Dass einer, der
auf der Anklagebank sitzt, nicht gleichzeitig eine führende Position
in der Partei bekleiden kann, ist auch klar, Unschuldsvermutung hin
oder her. Martinz hätte schon vor einem Jahr zurücktreten müssen.
Jeder, der sich nur am Rande mit dieser Geschichte befasst hatte,
wusste damals schon, dass es bei dem Millionenhonorar für
Martinzx{2588} Steuerberater Dietrich Birnbacher nicht mit rechten
Dingen zugegangen sein konnte und dass da noch ein ganz dickes Ende
nachkommt. Da braucht es eben Mut und Format und die Autorität des
Parteichefs, sich einzubringen und durchzusetzen, in einer
Landesorganisation für Ordnung zu sorgen, erst recht, wenn der
Landesparteichef vor Ort das Problem ist. Mann oder Maus? Eben.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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