(Registrieren)

Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Organspenden-Skandal Der Staat ist gefragt CARSTEN HEIL

Geschrieben am 03-08-2012

Bielefeld (ots) - Als gäbe es rund um das Thema
Organspende/Organtransplantation nicht schon genug Probleme. Bisher
kreisten die unterschiedlichsten Debatten um ethisch- moralische
Dinge, um individuelles Empfinden und Denken, um die Frage "Bin ich
auch wirklich tot, wenn mir als Spender ein Organ entnommen wird,
welche und wessen Interessen stecken hinter den Entscheidungen?".
Fast ausschließlich ging es um die Seite der Spender und um die
Spendenbereitschaft. Das kriminelle Wirken einzelner Mediziner in
Göttingen und Regensburg - nach heutigem Kenntnisstand "einzelner" -
lenkt den Blick jetzt auf die andere Seite. Die Seite der Empfänger.
Wer bekommt das extrem knappe Gut "Spenderorgan", nach welchen
Kriterien wird es verteilt, an wen - und warum? Die verdächtigen
Mediziner haben bisherigen Ermittlungen zu Folge die Empfängerlisten
so geändert, dass die Patienten ihrer Klinik anderen vorgezogen
wurden, obwohl jene oben auf der Liste standen. Die Diskussion darum
wird erst so richtig losgehen, wenn sich bei den Ermittlungen
herausstellen sollte, dass wegen dieser Manipulationen andere
wartende Patienten gestorben sind, die aus medizinischer Sicht eher
dran waren. Wie überall gelten auch beim Geschäft mit den Organen so
lange die Gesetze des kalten Marktes, bis der Staat eingreift. Der
Markt entsteht überhaupt erst durch ein knappes Angebot bei einer
großen Nachfrage. Und das Geschäft wird für die Beteiligten umso
interessanter und lukrativer, je weiter Angebot und Nachfrage
auseinanderliegen. Die Gesetze des Marktes aber zerstören zunehmend
Vertrauen, weil hohe Gewinnspannen Kriminalität Vorschub leisten, ja
sie sogar zwangsläufig erzeugen. Das erleben wir seit einigen Jahren
im Finanzsektor. Im Drogengeschäft und bei der Prostitution ist das
seit Ewigkeiten bekannt. Nur geht es in der Organfrage um Leben und
Tod. Ohne Vertrauen der Spender und ihrer Angehörigen in das System
wird aber das Gut "Spenderorgan" immer knapper. Schon verweigern
Menschen es unter Hinweis auf den Skandal, ihre Organe zu spenden.
Eine verständliche Reaktion. Sie bestraft aus nachvollziehbarer
Empörung aber die Falschen für das kriminelle Verhalten einiger
weniger Ärzte. Menschen, die seit Jahren auf eine Spenderniere
warten, den Tod vor Augen, sind die Leidtragenden. Sie können am
wenigsten dafür, dass das Vertrauen in das System erschüttert wurde.
Es muss eine Kontrollinstanz geschaffen werden, die keinerlei eigene
Interessen in dem ganzen blutigen Handel hat. Wer an dieser Stelle
nach dem Staat ruft, stellt deshalb nicht die Integrität aller am
System beteiligten Ärzte in Frage. Nicht bei allen Problemen ist der
Staat die beste Lösung, aber das Thema Organspende ist zu sensibel,
rührt an zu tiefe Ängste auf allen Seiten, stellt existenzielle
Fragen und beinhaltet ein zu großes materielles und ideelles
Geschäft, als dass sie Privatorganisationen anvertraut werden kann.
So könnte Vertrauen zurückgewonnen werden, das für die möglichen
Empfänger überlebenswichtig ist.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

410041

weitere Artikel:
  • Neue OZ: Kommentar zu Europa / Slowenien Osnabrück (ots) - Wer ist der Nächste? Nun also auch Slowenien. Noch beim Euro-Beitritt vor fünf Jahren galt das Land aus Sicht der Europäischen Union als Musterschüler, was viel über die Beurteilungskraft der Kommission in Brüssel aussagt, die schon bei Griechenland komplett versagt hat. Jetzt strafen die Ratingagenturen Slowenien ab. Die Kreditwürdigkeit droht auf Ramsch-Niveau zu stürzen. Und es ist nur eine Frage von Wochen, bis Ljubljana vom EU-Rettungsschirm Hilfen zur Rettung der maroden Banken erbittet. An Slowenien mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Taxi / Videoüberwachung Osnabrück (ots) - Umsetzbar und sinnvoll Jeder Arbeitnehmer wünscht sich Sicherheit am Arbeitsplatz. Das Vorhaben der Taxiverbände, ihre Wagen möglichst flächendeckend mit Kameras auszustatten, ist daher nur verständlich und nachvollziehbar. Vor allem nachts müssen die Fahrerinnen und Fahrer stets mit Übergriffen rechnen. Wehren können sie sich in der Regel nicht, und selbst die Option der Flucht besteht nicht immer. Die Vorstellung, in Zukunft bei Taxifahrten gefilmt zu werden, mag zunächst befremdlich wirken: Muss man bald darauf mehr...

  • Rheinische Post: Verdi und CDU kritisieren Diakonie in NRW Düsseldorf (ots) - Vertreter von Gewerkschaften und Politik haben die neue Entgeltregelung bei der Diakonie in Nordrhein-Westfalen scharf kritisiert: "Der Umgang der Diakonie in NRW mit ihren Altenpflegehelferinnen ist unanständig", sagte Verdi-Chef Frank Bsirske der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). Die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe hat ein neues Tarifsystem eingeführt, wonach neu eingestellte Altenpflegehelferinnen deutlich weniger Gehalt als bisher erhalten werden. "Der Vorgang zeigt exemplarisch, mehr...

  • Rheinische Post: Schröder: Es fehlen noch 60.000 Kita-Plätze / Betriebskitas stärker fördern Düsseldorf (ots) - Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hält es für möglich, bis zum 1. Januar 2013 die erforderlichen Kita-Plätze in Deutschland anzubieten. "Ganz Deutschland braucht 780.000 Plätze, in diesem Frühjahr haben noch 160.000 gefehlt. Zwischen März 2011 und Mai 2012 sind 100.000 Plätze entstanden, für die restlichen 60.000 haben die Länder 14 Monate", sagte Schröder der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). "Die Länder müssen noch mal deutlich Tempo machen. Aber sie können es schaffen." mehr...

  • Rheinische Post: Krankenhausgesellschaft empfiehlt nach Transplantationsskandal neues Abrechnungssystem Düsseldorf (ots) - Als Konsequenz aus dem Transplantationsskandal hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) den Kliniken empfohlen, das interne Abrechnungssystem umzustellen. Vergütungselemente, die auf einzelne Leistungsarten oder Operationen Bezug nähmen, sollten in ein Gesamtbudget einfließen, berichtet die in Düsseldorf erscheinende "Rheinische Post" (Samstagausgabe). "Die Ärzte würden damit weiterhin am finanziellen Gesamterfolg ihrer Abteilung oder ihres Hauses beteiligt, nicht aber direkt von der Erbringung einzelner mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht