(Registrieren)

Weser-Kurier: Kommentar zur europäischen Politik-Union

Geschrieben am 07-06-2012

Bremen (ots) - Vom Ende her denken. Das ist das politische
Leitmotiv von Kanzlerin Angela Merkel. Doch ausgerechnet sie hat sich
bislang nicht daran gehalten - zumindest, wenn es um den Euro geht.
Sonst hätte sie nicht erst gestern gefordert, zugunsten einer
politischen Union weitere nationale Kompetenzen an Europa abzugeben.
Sondern schon in den 90er Jahren - damals, als der Fahrplan zur
Einführung des Euro aufgestellt worden ist. Denn es war von Anfang an
klar: Wenn fast zwei Dutzend Staaten eine gemeinsame Währung
einführen, müssen auch gemeinsame politische und wirtschaftliche
Spielregeln gelten. Das heißt vom Ende her gedacht: Aufgabe
staatlicher Souveränität und Unterordnung aller Mitgliedsländer - von
San Marino bis Deutschland - unter eine europäische Zentralinstanz.
Zugegeben: Jeder Politiker, der dies damals vertreten hätte, wäre vom
Wähler bei nächster Gelegenheit in die Polit-Rente geschickt worden.
Mehr als die Aufgabe der geliebten D-Mark war den Deutschen wohl
nicht zuzumuten. Einige Jahre schien auch alles gut zu gehen. Nun
aber, da Euro und Euro-Länder nach der jahrelangen Banken- und
Finanzkrise an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt sind,
offenbart sich der Konstruktionsfehler der Gemeinschaftswährung
schonungslos. Deshalb: Die Kanzlerin hat recht. Es ist besser, spät
die richtigen Schlüsse zu ziehen als gar nicht. Wobei klar sein muss,
dass es mit ein bisschen mehr Europa nicht getan ist. Langfristig
führt kein Weg an den Vereinigten Staaten von Europa vorbei - mit
allen Konsequenzen auch für Deutschland: Das wichtigste Parlament
wäre dann nicht mehr der Bundestag, sondern ein gestärktes
Europaparlament, dessen Gesetze für alle Einwohner vom Mittelmeer bis
zu den finnischen Polarregionen gelten. Das Bundeskanzleramt wäre
dann nicht mehr das deutsche Machtzentrum, sondern eine höhere
Verwaltungsbehörde mit begrenztem eigenen Entscheidungsspielraum.
Außerdem würden einige Top-Immobilien in bester Berliner Lage frei:
Ein eigenes Außenministerium wäre genauso wenig nötig wie ein
Bundespräsident in Schloss Bellevue. Und wie sieht's mit einer
gemeinsamen Staatsbürgerschaft aus? Auch diese Frage wird sich
stellen. Genauso wie jene, ob in den Vereinigten Staaten von Europa
nationale Armeen noch eine Daseinsberechtigung haben - oder ob eine
einheitliche EU-Streitmacht nicht viel stärker und letztlich auch
finanziell günstiger wäre. Ob Europa aber bei den Europäern
durchsetzbar ist, hängt davon ab, wie es mit seiner wachsenden Macht
umgeht: Erleben Deutsche, Italiener, Niederländer oder Griechen vor
allem eine ausufernde Bürokratie, wird Europa auseinanderbrechen -
noch ehe es wirklich geeint ist.



Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@Weser-Kurier.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

400095

weitere Artikel:
  • Lausitzer Rundschau: Hoffen auf ein Wunder Zum Auftakt der Fußball-EM in Polen und der Ukraine Cottbus (ots) - Wenn der Ball heute Abend endlich rollt, dürfte der politische Wirbel der vergangenen Wochen in den Hintergrund treten. Das ist gut so, im Sinne des Sports. Vergessen werden sollte aber auch in dreieinhalb hoffentlich mitreißenden Fußballwochen nicht, was im Co-Gastgeberland Ukraine derzeit passiert. Präsident Viktor Janukowitsch kommt zur EM-Eröffnung nach Warschau. Er ist zu Recht kein gern gesehener Gast. Es gibt zu größter Sorge Anlass, in welchem Tempo er die Reste von Demokratie und Rechtsstaat in seinem Land mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Kriminalität / Rocker Osnabrück (ots) - Mit aller Härte Endlich greift die Staatsmacht mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen kriminelle Rockerclubs wie die berüchtigten Hells Angels durch. In den vergangenen Monaten folgte eine Großrazzia der nächsten. Gestern stürmten 1000 Beamte, darunter die GSG 9, Wohnungen und Vereinsheime der Bandidos in und um Berlin. Das Signal ist deutlich: Kriminelle Banden werden nicht länger geduldet oder verharmlost, sondern mit aller Härte verfolgt. Die verschworenen Gruppierungen mit Lederkutten und Ehrenkodex mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Internet / Datenschutz / Schufa Osnabrück (ots) - Bedenklich Die Kreditauskunftskartei Schufa plant, Nutzer von Facebook zu durchleuchten, um ihre Bonität zu prüfen. Das ist aus zwei Gründen bedenklich. Zum einen, weil kein Unternehmen über eine so große Menge an sensiblen, privaten Daten verfügen sollte, nicht auszudenken, was bei einem Datenleck passieren könnte. Zum anderen, weil die Daten, die sich die Schufa über Facebook besorgen würde, höchst fragwürdig sind. Schon heute schätzt die Schufa die Kreditwürdigkeit gelegentlich falsch ein, weil sie nicht mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Verkehr / Alkohol / Radfahrer Osnabrück (ots) - 0,5 Promille ist das Maß der Dinge Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club steht nicht gerade im Ruf, Radfahrer in ihrer Freiheit zu beschränken. Umso bemerkenswerter ist daher der Vorstoß des Lobby-Verbandes, eine niedrigere Promillegrenze für Radler zu fordern. Doch hier endet das Lob für die Pedalisten-Vereinigung schon. Schließlich strebt sie lediglich an, die Grenze von 1,6 auf 1,1 Promille herabzusenken und den neuen Warnwert ausschließlich mit einem Bußgeld zu verknüpfen. Mit strafrechtlichen Konsequenzen mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Energie / Umwelt / Klima Osnabrück (ots) - Verpuffte Warnungen Die erschreckend nüchterne Umweltbilanz der Vereinten Nationen kurz vor dem Erdgipfel in Rio soll wachrütteln, und verfehlt doch ihre Wirkung. Schuld ist ein Ritual, das zum Überdruss führt, obwohl es sich bei Klimawandel, Ressourcenschutz und Welternährung um Schicksalsfragen der Menschheit handelt. Regelmäßig vor großen Konferenzen wird Alarm geschlagen, freilich stets nach dem Motto: Ein Wandel ist möglich, wenn sofort gehandelt wird. Dummerweise wiederholen sich derartige Warnungen seit mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht