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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Gauck

Geschrieben am 31-05-2012

Bielefeld (ots) - Seit zwei Monaten ist Joachim Gauck im Amt und
spätestens in dieser Woche hat der Bundespräsident die
Eignungsprüfung bestanden. Mit Bravour sogar. Wer sich für vier Tage
als deutsches Staatsoberhaupt in Israel und in den
Palästinensergebieten bewegt, weiß um die Gefährlichkeit der Region.
Der gesamte Nahe Osten ist vermint - ein falsches Wort und Diplomaten
haben Arbeit für Jahre, um mit guten Worten und gezielten Wohltaten
die Wogen wieder zu glätten. Das alles hat sich Gauck mit viel
Fingerspitzengefühl erspart. Er wollte in Israel nicht als
Besserwisser auftreten - das wäre ihm auch nicht gut bekommen. Nach
dem polternden Literaturnobelpreisträger Günter Grass, der vor zwei
Monaten Israel in Gedichtform vorgeworfen hatte, mit der Bedrohung
des Iran den Weltfrieden zu gefährden, zeigte sich Gauck als Freund
Israels. Seinem Gastgeber, Staatspräsident Schimon Peres, versicherte
der Bundespräsident, Israel und Deutschland seien enger verbunden als
jemals zuvor. Und: Israel müsse in sicheren Grenzen leben können.
Beim Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem verzichtet Gauck
auf große Worte und drückt mit dem Eintrag ins Gästebuch die deutsche
Verantwortung für das Geschehene aus. Dieser Bundespräsident weiß um
die Bedeutung seiner Worte und verfügt über die Gabe, im passenden
Moment zu schweigen. So wie in Yad Vashem, wo er seine Eindrücke und
Gefühle nicht in jedes Mikrofon posaunen wollte. Selbst als ihm eine
Distanz zur Kanzlerin nachgesagt werden sollte, meidet Gauck das
Glatteis. Er erlaubt sich, laut zu denken. Den Begriff Staatsräson
will er anders auslegen als Angela Merkel - mit dem gleichen
Ergebnis. Wer wie Gauck seinen Gesprächspartnern zuhören kann und sie
ausreden lässt, verdient sich das Recht, selbst Klartext zu reden. Im
Gespräch mit dem israelischen Regierungschef mahnt er mehr
Zurückhaltung in der Siedlungsfrage an. Israel errichtet immer mehr
jüdische Siedlungen auf dem Gebiet der Palästinenser und schafft
damit Fakten, die einer friedlichen Lösung im Wege stehen. Benjamin
Netanjahu sieht das naturgemäß anders. Was dieser erwidert hat, wird
nicht bekannt. Denn derartige Diskussionen finden zum Glück ohne
Öffentlichkeit statt. Gauck spricht später von »Ehrlichkeit« in der
politischen Auseinandersetzung. Das heißt, jeder hat sich getraut,
die Dinge offen anzusprechen. Nur Freunde können sich die Wahrheit
ins Gesicht sagen, ohne dass sich der andere beleidigt abwendet.
Dieser Linie blieb Gauck beim Besuch in den Palästinensergebieten
treu. Eine Zweistaatenlösung gebe es nur bei Gewaltverzicht.
Solidarität und finanzielle Hilfe - das hatte Gauck im Gepäck. Zu
Versprechungen, die er nicht halten kann, ließ er sich nicht
hinreißen. Respekt, Herr Bundespräsident.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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