Badische Neueste Nachrichten: Gespaltenes Land
Geschrieben am 23-05-2012 |
Karlsruhe (ots) - Der revolutionäre Sturm, der Anfang des
vergangenen Jahres über den Tahrir-Platz in Kairo fegte, er ist
derzeit nicht mehr als ein laues Lüftchen. Seinerzeit brachte dieser
Sturm den ungeliebten Diktator Mubarak zu Fall, die Bilder der
feiernden, vorwiegend jungen Demonstranten gingen um die Welt. Aber
Revolutionen funktionieren nun einmal nicht von heute auf morgen, sie
sind zäh, langwierig und blutig - und am Ende steht nicht unbedingt
das Ergebnis, das sich so verheißungsvoll zum Auftakt des Arabischen
Frühlings andeutete. Ägypten als Vorreiter einer ganzen Reihe junger
demokratischer arabischer Staaten, so weit ist es noch lange nicht.
Nun wählt das Land einen neuen Präsidenten, das Bewerberfeld ist
recht groß, so dass es aller Voraussicht nach Mitte Juni zu einer
Stichwahl kommen wird. Beobachter sehen bei der Wahl Kandidaten
vorne, die Mitglieder muslimischer Parteien sind, und solche, die der
alten Garde um Ex-Präsident Mubarak angehören. Dem Bewerber, der den
Revolutionären des Tahrir-Platzes am nächsten steht, dem
Menschenrechtsanwalt Khaled Ali, werden hingegen nur geringe Chancen
eingeräumt. Das liegt zum einen daran, das viele die blutige
Gewaltorgie satt haben, die das Land seit dem Sturz Mubaraks immer
wieder erschüttert. Sie sehnen sich nach Ruhe und Stabilität, etwas,
das sie eher mit dem Mubarak-Regime verbinden als mit diesen
unsicheren Zeiten. Zum anderen spricht die Opposition nicht mit einer
Stimme. Hätte sie sich im Vorfeld der Präsidentschaftswahl auf einen
Kandidaten verständigt, stünden ihre Chancen besser. Seit Mubaraks
Sturz hat Ägypten schon einmal gewählt, ein neues Parlament im
vergangenen November. Bei diesem Urnengang wurden 70 Prozent der
Mandate von Islamisten gewonnen - nun könnte das Kräfteverhältnis
ähnlich sein. Aber ganz gleich, wie diese Wahl letztlich ausgehen
wird - eine Welle des Protests wird spätestens nach Bekanntgabe des
Ergebnisses nicht lange auf sich warten lassen. Zu gespalten ist
dieses Land, das sich so sehr Ruhe und Frieden wünscht.
Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de
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