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"DER STANDARD"-Kommentar: "Die herausgeforderte Demokratie" von Lisa Nimmervoll

Geschrieben am 18-04-2012

Wie eine veränderte Gesellschaft um eine neue Form des
Regiertwerdens kämpft - Ausgabe vom 19.4.2012

Wien (ots) - Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht
geht vom Volk aus." So steht es in Artikel 1 der Bundesverfassung
geschrieben. Mit gutem Grund. Es gibt keine bessere Regierungsform
und Form des Regiertwerdens als die Demokratie. Punkt. Ist so. Ohne
Zweifel.
Es ist aber auch so, dass dieser schöne, hehre, reine Satz nicht mehr
unbedingt stimmt. Nicht nur in Österreich ist die Demokratie in der
Krise. Denn "das Recht" oder viele der politischen Spielregeln, nach
denen Staaten und zumal globale Verbunde wie die Europäische Union
organisiert und verwaltet werden, geht schon lang nicht mehr "vom
Volk" oder dessen gewählten Repräsentanten aus. Die wirkmächtigsten
Konkurrenzinstitutionen der gewählten Politikerinnen und Politiker
sind ganz woanders als im Parlament, eine davon ist zum Beispiel der
Internationale Währungsfonds.
Demos - das Volk, das Staatsvolk - gerät jedenfalls zusehends ins
Hintertreffen im Kampf um kratia, die Herrschaft - oder klinkt sich
bewusst aus. Auf der Ebene der konkreten politischen Subjekte lässt
sich mittlerweile aber auch sagen: Die Demokratieretter sind unter
uns und wollen die lädierte Herrschaftsform ihrer Wahl in die
Werkstatt zur Reparatur bringen.
Honorige "Altpolitiker" begehren in einer bunten Notwehrkoalition
Demokratie für "MeinOE", junge Parteikader auf dem Sprung nach oben
legen Demokratiepakete vor, die abgehängten Mutterparteien
unterstützen sie geflissentlich und wollen "den Ruf" der Politik -
und ihren eigenen - retten, indem sie ihr eine Injektion mehr und
modernerer Demokratie verpassen - und dann gibt es noch jene, die im
Internet die politische Agora der Zukunft sehen.
Das alles sind positive Zeichen, dass die Botschaft der Krise der
Demokratie angekommen ist bei denen, die sie repräsentieren. Denn es
ist vor allem eine Krise der Repräsentation, und die ist eine der
Präsentation. So wie sich demokratische Politiker geriert,
abgeschlossen und in den eigenen Zirkeln machtbewusst reproduziert
haben, war das ein Selbstangriff auf die Demokratie. Die Politik hat
einen Hautgout bekommen, und immer mehr Menschen haben die Nase voll
von dem, was sie an Politik vorgesetzt bekommen. Das liegt an den
Personen, ja. Das liegt an den Strukturen, die oft antiquiert sind
und nur noch machtpolitische Funktion haben wie der Föderalismus in
vielen Bereichen.
Das liegt aber auch daran, dass die Demokratie selbst mitwachsen muss
mit der Republik, in der sie ihr Hochamt feiern soll. In einer
Gesellschaft, in der zum Beispiel Transparenz ein immer größeres
Thema wird aufgrund technologischer Veränderungen durch das Internet,
reicht es nicht, das "Volk" mit ein paar Wahlen abspeisen zu wollen,
sich aber hinter einem vertuschenden Parteienfinanzierungsgesetz zu
verstecken. Oder mehr gesellschaftlicher Eigensinn muss ein Pendant
in neuen Mitbestimmungsformen über direkte Demokratie finden, sonst
wächst die Gesellschaft aus der zu klein gewordenen Demokratie
heraus. Daran entzündet sich das Unbehagen der
Demokratieherausforderer.
Aber nicht nur die Politiker müssen demokratiefähig gemacht werden.
Ein demokratisch verfasster Staat muss mehr tun, als dem Arbeitsmarkt
mit diversen "Kompetenzen" ausgestattete Werktätige zu liefern oder
aus Kindern möglichst gut funktionierende Konsumenten von morgen zu
machen - er muss widerspruchsfähige Staatsbürger erziehen. Sie werden
Demokratie fordern und herausfordern.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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