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DER STANDARD-KOMMENTAR "Mutti wirdx{2588}s schon richten" von Birgit Baumann

Geschrieben am 17-04-2012

Eine Prämie für Frauen, die ihre Kinder daheim betreuen, ist
der falsche Weg - Ausgabe vom 18.4.2012

Wien (ots) - Man kennt solche Verdrängungsmechanismen ja aus dem
eigenen Leben. Da sagt man etwas zu, es nervt eigentlich, aber bitte,
wird schon nicht so schlimm sein, und vielleicht vergisst der andere
seine Forderung auch, oder es kommt etwas dazwischen. Und dann pocht
das Gegenüber doch darauf, und man steht ziemlich dumm da.
So ergeht es der deutschen Kanzlerin Angela Merkel gerade beim
Betreuungsgeld. Stur wie ein Panzer beharrt die CSU auf Erfüllung des
Koalitionsvertrags, pocht also darauf, ab 2013 jene Elternteile mit
Bargeld zu belohnen, die ihre Kinder nicht in den Kindergarten
schicken, sondern daheim betreuen. Überflüssig zu erwähnen, dass dies
meist die Frauen sind.
Eurokrise um Eurokrise haben CDU und CSU gemeinsam bewältigt, und
jetzt ist wegen eines vergleichsweise überschaubaren Themas Feuer am
Dach. Das ist einerseits erstaunlich, andererseits verständlich.
Viele CDU-Abgeordnete haben in dieser Phase alles mitgemacht, nur um
den Euro, die EU, ja überhaupt gleich die Weltwirtschaft nicht zu
gefährden.
Jetzt mucken sie auf - nicht alleine, weil sie sich den autoritären
Kurs der CSU nicht länger gefallen lassen wollen. Auch inhaltlich
passt ihnen die "Herdprämie" nicht. Unbestreitbar profitieren gerade
kleine Kinder aus den sogenannten bildungsfernen Schichten stark vom
Kindergarten.
Ebenso nachweislich wird der Wiedereinstieg für Frauen schwieriger,
je länger sie sich nach der Geburt des Kindes dafür Zeit lassen. Das
gilt auch für Österreich, wo die OECD immer wieder rügt, dass starke
finanzielle Anreize des Staates zu viele Frauen dazu bringt, in den
ersten Lebensjahren beim Kind zu Hause zu bleiben.
Dass die CSU ein solches Modell präferiert, ist bedauerlich. "Moderne
Volkspartei" zu sein, rühmt sie sich ständig. Doch beim Frauenbild
hört die Modernität für viele immer noch bei der Einbauküche auf.
Dass Angela Merkel das Ansinnen widerspruchslos zur Kenntnis nimmt,
ist hingegen völlig inakzeptabel. Denn die deutsche Kanzlerin
konterkariert mit dem Betreuungsgeld einige ihrer eigenen Ziele.
Für möglichst viel, möglichst frühe Bildung für Kinder von Migranten
plädiert sie. Für Chancengleichheit von Mann und Frau am
Arbeitsplatz. Deshalb hat sie auch vor einigen Jahren zum Missfallen
vieler Konservativer eine Kehrtwende in der Familienpolitik
eingeleitet und forcierte den Ausbau von Kindergärten. Davon gibt es
in Deutschland heute immer noch nicht genug. Das "Herdgeld" wäre hier
deutlich besser eingesetzt.
Aber offenbar will Merkel nun, da die Bundestagswahl 2013 näherrückt,
auch den Konservativen wieder mehr bieten, fühlen sich doch diese von
ihr ohnehin sträflich vernachlässigt und durch allerlei
"sozialdemokratische" Aktionen (Atomausstieg, Mindestlohn) vor den
Kopf gestoßen. Da sind dann auch die alten Zöpfe plötzlich wieder en
vogue.
Hilfe von Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) ist übrigens nicht
zu erwarten. Sie fällt überhaupt nur durch zweierlei auf: das
Versprechen, das Betreuungsgeld umzusetzen, und die Ablehnung von
Frauenquoten. Und ein Buch hat sie gerade publiziert (Danke,
emanzipiert sind wir selber!). Darin wettert sie seitenlang gegen
Feminismus als "quasireligiöse Weltanschauung". Den Kampf gegen die
"Herdprämie" müssen die Rebellen also weiter von unten führen, Männer
wie Frauen gleichermaßen.

Rückfragehinweis:
Der Standard
Tel.: (01) 531 70 DW 445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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