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Mannheimer Erinnerungskultur zur "Arisierung"

Geschrieben am 17-04-2012

Mannheim (ots) - "Arisierung" nannten die Nationalsozialisten die
schrittweise Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft. Enteignung und
die Beschlagnahmung von Vermögenswerten und Eigentum der Juden
vollzog sich überall im Deutschen Reich - auch in Mannheim.

Eine neue Forschungsarbeit von Prof. Dr. Johannes Paulmann,
Direktor des Leibniz-Instituts für Europäische Geschichte in Mainz,
und Dr. Christiane Fritsche, Universität Mannheim, beschäftigt sich
mit den Themen Arisierung und Wiedergutmachung. "In keiner anderen
deutschen Stadt gibt es dann eine so umfassende Dokumentation zu den
Themen Arisierung und Wiedergutmachung und eine Bewertung der
Vorgänge", so Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz bei der
Pressekonferenz zur "Arisierung" mit Blick auf die bevorstehende
Veröffentlichung der Studie im Herbst.

Die Forschungsarbeit von Paulmann und Fritsche, die in
Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Mannheim - Institut für
Stadtgeschichte entstanden ist, zeigt die beklemmende Realität der
Arisierung in ihrer ganzen Breite. Sie endet allerdings nicht - wie
viele andere entsprechende Arbeiten - im Jahr 1945, sondern widmet
sich auch dem Umgang zwischen Opfern und Ariseuren in den späteren
Restitutions- und Wiedergutmachungsverfahren.

"Wir wollten die Verfolgten nicht aus dem Blick verlieren und die
Opfer genau wie die Täter und Profiteure benennen", erläuterten
Paulmann und Fritsche ihre Arbeit. Die Geschehnisse wurden auf
Grundlage aller verfügbaren Quellen in umfassender Weise offen
gelegt. "Schon 1971 hatte das Stadtarchiv eine damals vorbildliche
Darstellung mit dem Titel "Die Judenverfolgung in Mannheim 1933-1945"
herausgegeben. Doch die jetzige Forschungsarbeit von Paulmann und
Fritsche geht weit darüber hinaus", ergänzte Dr. Ulrich Nieß, der
Leiter des Stadtarchivs.

In Mannheim wurden Juden ab 1933 aus dem Wirtschaftsleben
verdrängt und in ihrer wirtschaftlichen Existenz bereits vernichtet
ehe die Deportation nach Gurs im Oktober 1940 begann. Prominentes
Beispiel eines Ariseurs ist der Kaufmann Heinrich Vetter, der seit
den 80er Jahren einer der größten Mannheimer Mäzene war. "Wir haben
diese Forschungsarbeit unterstützt, da uns an der wissenschaftlichen
Aufarbeitung der Rolle Vetters sehr gelegen ist", so Prof. Dr. Dr.
h.c. mult. Peter Frankenberg, der Vorsitzende der
Heinrich-Vetter-Stiftung. Acht Arisierungen können der Familie Vetter
nachgewiesen werden; andererseits hat Vetter den Kontakt zu den
jüdischen Kaufmannskollegen auch während des Krieges nicht
abgebrochen. "Das Verhältnis war also durchaus ambivalent"; schließt
Frankenberg.

Wegen seiner späteren Prominenz nimmt Vetter jedoch durchaus eine
Sonderstellung in der Mannheimer Geschichte ein. Der Arbeitskreis
Justiz und Geschichte des Nationalsozialismus in Mannheim e.V. widmet
ihm deshalb einen Veranstaltungsabend. "Wir wollen die Umwälzung der
wirtschaftlichen Verhältnisse verdeutlichen und uns auf die Rolle
Vetters konzentrieren", erklärte Barbara Ritter, Vorsitzende des
Arbeitskreises.

"Die Forschungsarbeit legt insgesamt 2700 Arisierungsfälle offen.
Damit wird deutlich, dass die Arisierung eine zentrale
gesellschaftliche Erfahrung war", ordnet Kurz die Ergebnisse der
Studie ein. Die Stadtverwaltung hat sich damals nicht nur an den
Enteignungen beteiligt, sondern auch wirtschaftlich in erheblichem
Maße von der Arisierung profitiert. "Die Aufarbeitung der
Vergangenheit und die öffentliche Erinnerung sind ein wesentlicher
Bestandteil städtischer Kultur", ist der Oberbürgermeister überzeugt.
"Mit der Veranstaltungsreihe "Mannheimer Erinnerungskultur zur
Arisierung" suchen wir die historische Aufarbeitung und lebendige
Auseinandersetzung, um unserer Verantwortung als Stadtverwaltung
gerecht zu werden."

Die Veranstaltungsreihe umfasst neben einem Vortrag und der
Buchvorstellung durch Dr. Christiane Fritsche auch eine
Podiumsdiskussion zum Thema "Der lange Schatten des 30. Januar 1933 -
Mannheim und die Arisierung", sowie den Beitrag des Arbeitskreises
Justiz und Geschichte des Nationalsozialismus in Mannheim e.V.
"arisieren - verschweigen - stiften: Der rechtschaffene Kaufmann
Heinrich Vetter - ein öffentliches Bild wird korrigiert", einen
inszenierten und bebilderten Wortwechsel.



Pressekontakt:
Stadt Mannheim | Jutta Hinz | Medienteam (Dezernat des
Oberbürgermeisters) | Rathaus E5, 68159 Mannheim | Telefon: 0621
293-2915 | E-Mail: jutta.hinz@mannheim.de


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