(Registrieren)

WAZ: Weshalb die SPD Merkel schont - Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 31-01-2012

Essen (ots) - Die SPD hat beschlossen, Wahlkampf demnächst mit
Themen zu machen. Einmal abgesehen davon, dass dies noch nie
funktioniert hat, weil es gerade in einem durchs Fernsehen
vermittelten Wettbewerb immer um die Spitzenfigur geht: Ein größeres
Kompliment konnte die größte Opposition Angela Merkel nicht machen.
Hinter der SPD-Entscheidung steht die Einschätzung, Merkel werde kaum
angreifbar sein. Aber vielleicht stimmt das ja. Merkel ist nicht
beliebt, dafür aber respektiert. Nun ruft diese bewegte Zeit mehr
nach Respekt denn nach Liebe und mehr nach Rationalität als nach
Leidenschaft und mehr nach ruhiger Überlegenheit als nach hektischer
Aktion. Der Zeitgeist spielt Merkel in die Karten: Er passt zu ihrer
Persönlichkeit. Merkels hohe Akzeptanz liegt auch an fehlenden
Alternativen zu ihr. Der Bundespräsident jedenfalls scheidet in
puncto Liebe wie Respekt aus. Weder die CSU noch die FDP vermögen
Merkel etwas anzuhaben; deren Parteivorsitzende stehen vielmehr
selbst unter Druck. Merkels größte Stärke ist selbst erzeugt. Es ist
ihr Führungsstil: Sie produziert keine Verlierer (mehr). Es gibt
damit niemanden von Gewicht, der Lust verspüren könnte, sich für
irgendeine durch Merkel erlittene Demütigung zu rächen. Im Kabinett
wird deshalb nicht abgestimmt. Jedes Kabinettsmitglied hat großen
eigenen Spielraum, wenn es sein Metier beherrscht. Merkel verteilt
auch keine Noten, auch keine guten, die ja immer nur schlechte für
die anderen sind. Darum genießt sie bei so gut wie jedem, dem sie
begegnet, Respekt. Auch bei Oppositionspolitikern. Nicht nur der
Zeitgeist, sondern auch die Themen der Zeit helfen der Kanzlerin. Ihr
Stabilitätskurs mag in Griechenland unbeliebt sein, aber nicht in
Deutschland, das den Mythos von der starken Mark in den Genen hat.
Nicht ganz, aber fast im Alleingang hat Merkel Schuldenbremsen usw.
in Europa durchgedrückt. Das mögen einige stur finden, aber es wirkt
eben auch heroisch. Schließlich: Merkel hat obendrein auch noch
Fortune. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig, Deutschland geht es sehr
viel besser als seinen Nachbarn. Es mag ungerecht sein: Den Ärger
über Schröders Reformen hatte Schröder, den Lorbeer dafür erntet
Merkel. Fazit: Die SPD hat Recht: Im Augenblick ist Merkel kaum zu
schlagen. Das mag zwar ein realistischer Befund sein. Für eine
Opposition ist er aber auch seltsam.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

375850

weitere Artikel:
  • WAZ: Ohne Einsicht bei Diäten - Kommentar von Theo Schumacher Essen (ots) - Massive Proteste der Steuerzahler und alle Experten-Warnungen konnten sie am Ende nicht von ihren Plänen abbringen: SPD, CDU und Grüne boxen den 500-Euro-Aufschlag für ihre Diäten durch. Das Votum im nordrhein-westfälischen Landtag ist nur noch Formsache. Die drei Fraktionen lassen damit jede politische Sensibilität vermissen. Wo man sich Fingerspitzengefühl erhofft hatte, gab es nur Hornhaut. Die Landeskasse kostet die unangemessene Aufstockung über eine Million Euro pro Jahr. Doch der Schaden für das Ansehen des Parlaments mehr...

  • Berliner Zeitung: Kommentar zur den Gründen der Schlecker-Pleite Berlin (ots) - Jetzt sagen alle, die es schon immer gewusst haben, Schlecker sei einfach too big to handle gewesen, also zu groß, um von einem eingetragenen Kaufmann noch allein geführt werden zu können. Aber so wie es den Größenwahn an den Finanzmärkten gibt, so gibt es ihn auch in jedem anderen Bereich. Es wird immer Leute geben, die ihre Kräfte anspannen, Riesiges leisten, dann aber durchdrehen und jedes Jahr neue Rekorde sehen möchten. Erfolg ist auch nur eine Droge. Too big to handle ist mörderisch für Schlecker und seine Angestellten. mehr...

  • Berliner Zeitung: Kommentar zum Euro-Verzicht Polens Berlin (ots) - Derzeit nicht in Euro rechnen zu müssen, ist ein gewaltiger Vorteil. Eben weil Polen den Euro nicht hatte, ist es am besten von allen EU-Ländern durch die Finanz- und Wirtschaftskrise gekommen. Die Regierung konnte - anders als Griechenland - in eigenem Ermessen den Zloty abwerten, um damit die nationale Wirtschaft zu stabilisieren. Polen beteiligte sich zudem nicht wie andere europäische Staaten an abenteuerlichen Finanzspekulationen. Und auf die Idee, gegen den Zloty zu spekulieren, kam - anders als beim ungarischen mehr...

  • DER STANDARD-KOMMENTAR "Endlich Taten statt Worte" von Nina Weißensteiner Ausgabe vom 1.2.2012 Wien (ots) - Für seine zweite Amtszeit hat der Bundespräsident versprochen, endlich deutlicher zu werden. Mit seiner Weigerung, dem FPÖ-Chef einen von der Regierung vorgeschlagenen Orden zu verleihen, hat Heinz Fischer dieses Gelöbnis nun erstmals eingelöst. Jahrelang galt der Mann in der Hofburg mit seiner stets abwägenden Art auch als ewiger Zauderer und Zögerer - nicht wenige wünschten sich etwa, dass er dem jährlichen Treiben der Rechtsextremen in den Prunkräumen endlich ein Ende setzt oder den Ball der mehr...

  • Mittelbayerische Zeitung: Kommentar: Bahn-Lobbyisten gesucht Regensburg (ots) - Von Lothar Röhrl, MZ Was hat sie nicht schon alles an Stellvertreterwatsch'n bekommen - die Deutsche Bahn? Dass dahinter zu 100 Prozent der Bund als Eigentümer steht, vergessen die meisten. Auch die Politiker. Dabei könnten diese am besten richten, was Anlass für so viele Kundenbeschwerden ist: zu wenige Züge, Kleckern statt Klotzen beim Erhalt des Bestandnetzes, viel zu lange Planungs- und Bauzeiten bei Neubauprojekten. Nicht die obersten Bahn-Manager, sondern die Bundesfinanzminister sind die eigentlichen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht