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"DER STANDARD"-Kommentar: "Die Schlacht um den ORF" von Michael Völker

Geschrieben am 19-01-2012

Eine selbstbewusste Belegschaft hat einen ersten Etappensieg
errungen - Ausgabe vom 20.1.2012

Wien (ots) - Um Niko Pelinka muss man sich keine Sorgen machen. Er
wird sich abbeuteln und weitergehen. Er hat einen anderen Job. Er ist
tüchtig, das sei ohne Zynismus gesagt. Aber es ist gut, dass er
diesen einen Job am Küniglberg nicht bekommen hat. Gut auch für ihn,
noch besser für den ORF.
Der ORF, vor allem aber die vielen engagierten Kolleginnen und
Kollegen, die in den vergangenen Tagen auf die Barrikaden gestiegen
sind und ihrem Unmut, ihrem Zorn, ihrer Empörung Luft gemacht haben
- sie sind die Sieger dieser Auseinandersetzung. Gratulation._ Sie
haben ihren Chef in die Knie gezwungen. Zu Recht und mit redlichen
Mitteln.
Der ORF insgesamt geht aus dieser Auseinandersetzung gestärkt hervor,
sein Direktor allerdings ist angeschlagen. Er ist der Verlierer
dieser Job-Groteske. Er hat sein Gesicht verloren und muss jetzt um
seine Glaubwürdigkeit kämpfen. Es ging ja nicht nur um Pelinka, es
ging um viel mehr, aber Pelinka war die perfekte Projektionsfläche
für diese grundsätzliche Auseinandersetzung.
Es geht um politische Einflussnahme in einem angeblich unabhängigen
Medium, das im Besitz der Republik steht, also den Bürgerinnen und
Bürgern gehört. Diese Unabhängigkeit wurde - und wird - von der
Politik nicht geachtet. Die SPÖ glaubt, hier nach Belieben schalten
und walten zu können. Die ÖVP im Übrigen auch, sie stellt sich
derzeit nur nicht ganz so ungeschickt an. Und wenn die Grünen, wenn
die FPÖ oder das BZÖ glauben, sie können hier mitspielen und
politisches Kapital aus Vereinbarungen und Abmachungen schlagen, dann
tun sie es auch. Ganz ungeniert.
Darum ist der Sieg der Belegschaft über einen möglichen Büroleiter
Pelinka umso größer einzuschätzen. Unterstützung aus der Politik gab
es keine. Gar keine.
Dass die redaktionelle Freiheit im ORF heute größer ist als je zuvor,
ist richtig. Das liegt an der ORF-Belegschaft, die das Übliche eben
nicht als üblich hinzunehmen bereit ist, die Zustände nicht mehr
toleriert, nur weil das halt immer schon so war. Die Redaktion ist
mündiger geworden. Auch die Konsumentinnen und Konsumenten sind
mündiger geworden, sie haben die Debatte um die jüngsten
Postenbestellungen sehr aufmerksam mitverfolgt und sie in diversen
Foren, am Arbeitsplatz oder auch im Freundeskreis eifrig kommentiert.

Dass jemand, der gerade noch Fraktionschef des SPÖ-Freundeskreises
im ORF-Stiftungsrat war und die Wiederwahl von Wrabetz zum
ORF-Generaldirektor dirigiert hat, daraufhin sein Büroleiter wird,
das geht nicht. Das ist höchst unanständig. Und es war auch
unglaublich ungeschickt von Wrabetz, das nur nebenbei. Es gehen aber
noch ganz andere Sachen nicht: Dass sich die Landeshauptleute die
Intendanten "ihrer" Landesstudios selbst aussuchen dürfen - geht
nicht. Dass Stiftungsräte, die bisher in dieser Funktion nur ihren
Parteien verpflichtet waren, direkt in leitende und einflussreiche
Jobs im ORF gehievt werden - geht nicht. Dass die Parteien so
schamlos bedient werden, dass etwa auch die FPÖ mit einer Morgengabe
für einen ihrer Günstlinge abgefunden wird - geht nicht. Dass
politische Tauschgeschäfte wichtiger sind als die fachliche
Qualifikation - geht nicht. Die Schlacht um die Unabhängigkeit des
ORF wurde am Donnerstag mit dem Rückzug von Pelinka nicht
entschieden, sie wurde erst begonnen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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