Börsen-Zeitung: Vor dem nächsten Akt, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn
Geschrieben am 04-11-2011 |   
 
 Frankfurt (ots) - Die europäische Zivilisation hat den Griechen  
vieles zu verdanken. Dazu zählen prägende kulturelle Errungenschaften 
wie das Drama. Ihre von keinem anderen Land zu übertreffende, 2500  
Jahre alte Erfahrung mit dieser literarischen Gattung stellen die  
Hellenen derzeit mit einer meisterlichen Aufführung unter Beweis, was 
die Europäer indes als wenig erbaulich empfinden. Frankreichs  
Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel  
müssen zuletzt das Gefühl gehabt haben, nicht Mitwirkende einer  
Tragödie, sondern einer schlechten Komödie zu sein. 
 
   Noch immer ringen nicht nur die Verhandlungspartner von Giorgos  
Papandreou um Fassung. Nur wenige Tage nachdem das umfangreiche und  
mühsam ausgehandelte Maßnahmenpaket zur Bewältigung der Schuldenkrise 
geschnürt worden war, hat der griechische Ministerpräsident die  
Gipfelergebnisse mit der Ankündigung eines Referendums beinahe zur  
Makulatur werden lassen. Dass dies ohne vorherige Konsultation und  
unmittelbar vor dem G 20-Gipfel geschah, können die europäischen  
Partner nur als Schlag ins Gesicht empfinden. 
 
   Immenser Schaden 
 
   Auch wenn Papandreou das Referendum zurückgezogen hat, ist der  
Schaden immens. Griechenland ist dem Abgrund nun einen Schritt näher  
gekommen, und den Finanzmärkten stehen weitere turbulente Monate  
bevor. Das Vertrauen in die politische Führung Griechenlands ist  
zerstört. Sie kann sich nun kaum noch einen Fehltritt erlauben und  
muss zügig die mit den Hilfsmaßnahmen verbundenen Auflagen umsetzen.  
Das Risiko einer ungeordneten Insolvenz bzw. des Ausscheidens aus der 
Währungsunion ist deutlich gestiegen. Viel Spielraum bleibt nicht.  
Denn als weiterer Schaden kommt hinzu, dass der politische Rückhalt  
für die Hilfsmaßnahmen in den europäischen Geberländern nun weiter  
reduziert worden ist. Zudem dürfte die schauerliche Aufführung  
Papandreous potenzielle Helfer wie China eher abgeschreckt haben. 
 
   Immerhin ist das Risiko einer Ablehnung der Gipfelbeschlüsse per  
Referendum abgewendet. Daher haben die Märkte an die freundliche  
Tendenz, die nach dem Gipfel eingesetzt hatte, wieder angeknüpft. Die 
Marktbewegung ist trotz der gestiegenen Risiken nachvollziehbar. Denn 
es gibt gute Gründe für die Vermutung, dass nichts unversucht bleiben 
wird, um Griechenland über Wasser zu halten und die Währungsunion vor 
dem Auseinanderbrechen zu bewahren. Die überraschende Zinssenkung der 
Europäischen Zentralbank ist möglicherweise sogar eine Reaktion auf  
die von Papandreou ausgelöste Verunsicherung gewesen. Experten  
warnen, dass die Konsequenzen eines Zusammenbruchs der Währungsunion  
für die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte gravierender wären als  
der Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers. Kurzum: Die Kosten 
eines Kollaps wären viel höher als die Kosten von Rettungsmaßnahmen  
für Griechenland und die Währungsunion. 
 
   Lange werden sich die Marktteilnehmer jedoch nicht erleichtert  
zurücklehnen können. Nach wie vor sind bislang im Wesentlichen nur  
Notmaßnahmen beschlossen worden. Eine überzeugende und nachhaltige  
Lösung der fiskalischen und strukturellen Probleme Griechenlands  
zeichnet sich immer noch nicht ab. Das gilt auch im Falle der  
vollständigen Umsetzung der Beschlüsse des Euro-Krisengipfels. Mit  
dem angepeilten Wert von 120% des Bruttoinlandsprodukts wäre der  
Schuldenstand Griechenlands immer noch viel zu hoch, um die  
Finanzierungsnöte der Hellenen zu bereinigen. Zudem bleibt fraglich,  
ob die Reform- und Sparauflagen auf Dauer gegen den Willen der  
Bevölkerung durchgesetzt werden können, und die finanziellen  
Nothilfen können ohne nachhaltige Lösung auch nicht unbegrenzt  
fortgesetzt werden. 
 
   Das von Papandreou angerichtete Chaos hat ferner in den  
Hintergrund gedrängt, dass die Eurozone ein viel größeres Problem  
hat. Die Rettung Griechenlands und wahrscheinlich auch noch Portugals 
kann bewältigt werden. Anders sieht dies im Falle Italiens aus, das  
Kapitalmarktschulden von rund 1,6 Bill. Euro angehäuft hat. Das Land  
ist zwar viel besser als Griechenland aufgestellt und anders als die  
Hellenen noch meilenweit von der Staatspleite entfernt. Es leidet  
aber durch die abgewirtschaftete und kaum reformfähige Regierung  
Silvio Berlusconis unter einer Vertrauenskrise, die seine  
Refinanzierungskosten auf langfristig nicht tragbare Höhen getrieben  
hat. Derzeit ist nicht erkennbar, wie das Vertrauen der Investoren in 
absehbarer Zeit durch beherzte Reform- und Konsolidierungsmaßnahmen  
wieder hergestellt werden kann. Der nächste Akt im europäischen  
Schuldendrama wird bald kommen und den Finanzmärkten ebenfalls wenig  
Erbauliches bieten. 
 
 
 
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