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Rheinische Post: Brandmauer in der Euro-Krise

Geschrieben am 26-10-2011

Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Martin Kessler:

Kanzlerin Angela Merkel und ihre Mitstreiter gehen in der
Euro-Krise vor wie verzweifelte Feuerwehr-Kräfte, die einen außer
Kontrolle geratenen Waldbrand zu löschen haben. Sie schlagen selbst
Brandschneisen, um das Feuer einzudämmen. Das Risiko: Die neu
gelegten Brände können schnell die noch unbedrohten Teile des Waldes
entflammen. Um die Finanzmärkte und die außer Kontrolle geratenen
Staatsschulden zu bändigen, wenden die europäischen Chefs, die
gestern bis spät in die Nacht tagten, auch deshalb wohl genau die
Mittel an, die einst 2008 zum großen Finanzkrach geführt hatten. So
soll eine neue Zweckgesellschaft jenseits aller ordnungsgemäßen
Haushalte entstehen, die milliardenfach Gelder zur Euro-Rettung
einsammelt. Oder ein Kredithebel soll eine Deckungssumme von 440
Milliarden Euro flugs auf die astronomische Höhe von einer bis zu
zwei Billionen wuchten. In gleicher Weise drehten tollkühne
Geschäftsbanken das große Rad der faulen Immobilienkredite, das
schließlich zum Bankrott von Lehman Brothers und zur Fast-Pleite
anderer Finanz-Riesen führte. Der Bundestag gab gestern mit
überwältigender Mehrheit genau zu diesem Plan seine Zustimmung.
Tollkühn sind die Parlamentarier nicht, eher ohnmächtig. Denn die
Vertreter der deutschen Steuerzahler müssen sich in Wahrheit
eingestehen, dass sie gar keine andere Wahl haben. Würden sie Merkel
die Zustimmung versagen, wäre der Euro am Ende. Die Löschung des
Flächenbrands gehorcht längst eigenen Gesetzen. Die deutsche
Regierungschefin hat ihr politisches Schicksal unauflöslich mit dem
Euro verbunden. Sie hat nun ihre Mittel zur Brandbekämpfung bis zum
Letzten ausgereizt. Die Europäische Zentralbank als direkter
Geldgeber der Schuldner oder gemeinsame Anleihen, genannt Eurobonds,
zur Beruhigung der Investoren wird es nicht mehr geben. Dafür hat
Merkel keine eigene Mehrheit mehr, wie das hauchdünne Ergebnis von
gestern zeigt. Der um Kredithebel und Zweckgesellschaften ertüchtigte
Rettungsschirm EFSF muss reichen. Wenn nicht, sind die Folgen
unabsehbar. Doch auch wenn die angeschlagene Mannschaft der
Euro-Retter, die Merkels, Sarkozys, Berlusconis und van Rompuys,
Erfolg haben, wird das künftige Europa anders aussehen. Die Freiheit,
Schulden auf Kosten der europäischen Gemeinschaft zu machen, dürfte
ein für alle Mal vorbei sein. Ein strenges Spar-Regime wird die
Schuldnerstaaten auf Jahre fesseln. Angeschlagene Länder wie
Griechenland, Portugal, Spanien oder Italien werden als erste ihre
Budgethoheit verlieren. Dann werden sich auch die Führungsmächte
Deutschland und Frankreich dem EU-Regime unterwerfen müssen. Ein Etat
wird erst in Kraft treten, wenn er von einer Brüsseler Instanz
genehmigt ist. Das ist das Ende der souveränen Staaten und der Anfang
des vereinigten Europas.



Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303


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