(Registrieren)

FZ: Die Welt ist ein Stück sicherer Kommentar der Fuldaer Zeitung zu Gaddafi

Geschrieben am 20-10-2011

Fulda (ots) - Auch am Ende seiner Tage war der schillernde Oberst
für eine Überraschung gut: Gaddafi hatte sich nicht, wie viele
vermuteten, längst ins sichere Ausland abgesetzt, um der ihm in
Libyen unweigerlich drohenden Strafe zu entgehen. Irgendwo in Afrika,
im Nachbarland Algerien zum Beispiel, wo ein Teil seiner Familie
aufgenommen wurde, oder im Niger oder in Burkina Faso hätte er mit
seinen Milliarden noch ein paar Jährchen gut in seinem Beduinenzelt
leben können. So wie Tunesiens aus dem Amt gejagter Staatschef Ben
Ali, der in Saudi-Arabien ein neues, luxuriöses Zuhause gefunden hat.
Doch Gaddafi blieb, als er längst von der Macht vertrieben war, in
seiner Heimat - genau, wie er es immer wieder angekündigt hatte. Auch
das ein Zeichen für die pathologische Verblendung des exzentrischen
Ex-Staatschefs. Offenbar glaubte er selbst im Moment der
unumkehrbaren Niederlage noch immer daran, das Rad zurückdrehen und
wieder regieren zu können - eine Krankheit, unter der alle Diktatoren
zu leiden scheinen. Was nach dem Tod Osama bin Ladens gilt, kann bei
Muammar al-Gaddafi wiederholt werden: Ohne ihn ist die Welt ein
Stückchen sicherer als mit ihm. Der grausame Herrscher aus Tripolis
war über vier Jahrzehnte lang einer der schlimmsten Verbrecher in
einem Staatsamt. Er hat nicht nur sein eigenes Volk ausgebeutet und
geknechtet. Er ließ Oppositionelle foltern und töten, finanzierte
Terrorgruppen wie die IRA und zog die Fäden bei Terroranschlägen -
der folgenschwerste war das Lockerbie-Attentat 1988. Es gehört zu den
schmutzigen Kapiteln der westlichen Politik, dass Gaddafi in den
letzten Jahren in den meisten Hauptstädten rehabilitiert wurde und
viele Hände schütteln durfte - die von Kanzler Schröder genauso wie
die von Blair, Berlusconi oder Putin. Die, die im Westen gestern laut
über das Ende Gaddafis jubelten, haben im Grunde kein Recht dazu.
Gaddafi lieferte Öl, Gaddafi verhinderte Flüchtlingsströme in die EU
- und war damit ein angenehmer Partner. Dass Deutschland im Frühjahr
dieses Jahres nicht einmal bereit war, im UN-Sicherheitsrat für einen
Nato-Einsatz zur Unterstützung der Aufständischen zu stimmen, ist ein
weiteres unrühmliches Kapitel in der deutschen Libyen-Politik und hat
die Bundesrepublik international isoliert. Ohne die Hilfe von
Nato-Soldaten hätten die Rebellen den Sturz des Diktators vermutlich
nicht geschafft. Nun ist der Weg in Libyen endgültig frei für einen
Neuanfang. Dass dieser genauso steinig sein wird wie in Tunesien oder
Ägypten, ist zu erwarten. Der Wüstenstaat weist keine homogenen
Bevölkerungsstrukturen auf, was die Bildung einer Regierung in dem
vom Gaddafi-Clan geschundenen Land nicht gerade leicht machen wird.
Der Westen ist den Libyern etwas schuldig - und muss die, die den
Diktator gestürzt haben, nun nach Kräften unterstützen. / Bernd
Loskant



Pressekontakt:
Fuldaer Zeitung
Bernd Loskant
Telefon: 0661 280-445
Bernd.Loskant@fuldaerzeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

359043

weitere Artikel:
  • Ostsee-Zeitung: Wie die Kesselflicker - Kommentar zum Streit um Steuersenkung Rostock (ots) - Die schwarz-gelbe Koalition will endlich liefern. Das heißt, genau genommen haben die Herren Rösler, Vize-Kanzler und FDP-Chef, sowie Bundeskassenwart Wolfgang Schäuble mal eben die Absicht bekundet, die Einkommenssteuer um sechs Milliarden Euro zu senken. So weit so gut. Doch offenbar haben der Liberale und der CDU-Mann die Rechnung ohne den bayerischen Löwen gemacht. Horst Seehofer, nun ja, ein Löwe ist er nicht gerade, brüllte in München vernehmlich: So geht das nicht. Will heißen, ohne mich geht gar nichts. Dass mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu EU / Finanzen / Ratingagenturen Osnabrück (ots) - Führung ist notwendig Wie oft wurde in der europäischen Finanzkrise bereits ein Befreiungsschlag angekündigt, der sich als Wunschdenken entpuppte? Da wurden Rettungsschirme aufgespannt, zunächst für Banken, dann für Pleitestaaten wie Griechenland. Doch das war keine Lösung, sondern ein Kauf von Zeit und Ruhe an den Finanzmärkten. Tatsächlich wachsen die Probleme, bei den Banken, die entgegen den positiven Ergebnissen des vor wenigen Wochen gefeierten Stresstests keineswegs gerettet sind. Und die Abwärtsspirale mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Finanzen / Haushalt / Steuern Osnabrück (ots) - Lust am Untergang Diese Regierung kann es einfach nicht. Das schwarz-gelbe Schauspiel ist erbärmlich. Da ist der elende Steuerstreit nach zwei Jahren endlich abgeräumt, und schon gibt es neuen Krach. Mal wieder ist die CSU beleidigt. Sie wurde nicht gefragt und sagt trotzig Nein. So macht man sich Erfolge kaputt. Die wären aber dringend nötig. Denn die Leiden des jungen Rösler nehmen kein Ende. Der FDP-Chef krankt dramatisch an Bedeutungslosigkeit. Gebettelt hat er geradezu um die Steuersenkung, aber speziell mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Libyen / Gaddafi Osnabrück (ots) - Nicht zu laut jubeln Spätestens seit Kanzlerin Merkel so unangemessen über die Erschießung Osama bin Ladens jubilierte, weiß man in Berlin: Über den Tod eines Menschen freut man sich schon aus moralischen Gründen besser gar nicht oder etwas leiser. Im Fall Gaddafi hat die Bundesregierung allerdings noch weitere Gründe, nicht in übergroße Euphorie zu verfallen. Erstens war der Berliner Anteil am Wandel in Libyen denkbar gering. Außenminister Westerwelle mochte seine Gründe für die Enthaltung in der entscheidenden mehr...

  • FT: Flensburger Tageblatt Flensburg (ots) - Nach dem Erfolg in Libyen ermutigt das Engagement des Westens alle Araber, die weiter gegen Diktatur und Gewaltherrschaft kämpfen. Denn das westliche Verteidigungsbündnis basiert auf Freiheit, Selbstbestimmung und Demokratie. Diese Werte gilt es zu behaupten. Dass sich Deutschland dabei diplomatisch und militärisch enthalten hat, bleibt ein Schandfleck auf unserer außenpolitischen Agenda. Die Freude über die Befreiung Libyens ist nicht ungetrübt: In Syrien, Saudi-Arabien, Bahrain oder im Jemen herrschen weiterhin mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht