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BERLINER MORGENPOST: Kompromisslose Freude am Experiment - Leitartikel

Geschrieben am 06-10-2011

Berlin (ots) - Mal angenommen, Steve Jobs und Steve Wozniak hätten
ihre ersten Macs unter einer Regierung deutscher Grüner gelötet - was
wäre passiert? Zunächst wäre der Gender-Beauftragte anmarschiert und
hätte zwei Männer in der Unternehmensführung bemängelt. Die
Menschenrechtler hätten eine Praktikanten-Ampel am Garagentor
angebracht, je nachdem, ob die Apple-Gründer auch lieb zum
diskriminierungsfrei ausgewählten Nachwuchs sind. Tierschützer hätten
wegen der lauten Musik protestiert, die den im Santa Clara Valley
beheimateten Kaninchenkauz irritiert, und sich schützend über den von
Pizzakartons bedeckten Fieberklee geworfen, der überall auf der Welt
wuchert, nur im Silicon Valley eher selten. Kurzum: Wo Grün regiert,
wird jede Minderheit geschützt, nur eine nicht: der Unternehmer. Ein
Selfmademan wie Steve Jobs, dessen Tod weltweit betrauert wird wie
nie bei einem Firmenlenker zuvor, hätte sich wohl umgehend eine neue
Heimat gesucht, einen Ort, wo Kreativität sich entfalten darf, ohne
dass Datenschützer eine Idee schon im Ansatz vernichten. Und die
Gründer von Google und Ebay und Amazon und Facebook wären gleich
mitgegangen. Das zentrale Signal des gescheiterten rot-grünen
Koalitionsversuchs von Berlin lautet: Grün ist kompromisslos. Lieber
lässt man 400 Millionen vom Tisch gehen, als ernsthaft nach einem
Kompromiss zu suchen. Der Streit über drei Kilometer Autobahn steht
symbolhaft für eine Haltung, die erklärt, warum das Silicon Valley
eben nicht in Deutschland entstanden ist. Der grüne Mainstream, der
alle Parteien durchdringt, hat Deutschland zum Angstland gemacht, wo
jedwedes Risiko als lebensbedrohlich interpretiert wird. Zukunft aber
braucht Wildwuchs, ein von Neo-Spießern freies Biotop, wo nicht nur
nach letzten Grenzwerten gesucht, sondern auch Freude am Experiment
gelebt wird. Die großen Erfindungen, ob Verbrennungsmotor, chemische
Prozesse, Fotovoltaik oder eben das Apple-Imperium, waren immer auch
eine Art Leistungssport, betrieben von Besessenen, die nicht Regeln
wollten, sondern, im Gegenteil, die herrschenden Konventionen nicht
akzeptierten. Ein Regime, das Menschen in die engen Bahnen moralisch
korrekten Wohlverhaltens pfercht, ist gut fürs Gewissen, aber
schlecht für einen auf Fortschritt angewiesenen Wohlstandsort.
Aufgabe moderner Politik ist es natürlich, Menschen zu schützen, aber
auch, Menschen die Chancen zu geben, sich und ihre Ideen zu
entwickeln. Wirtschaft ist eine urwüchsige, spannende, bisweilen
brutale Angelegenheit, wo es weder Welpen- noch Minderheitenschutz
gibt - ein brutaler, gleichwohl zuverlässiger Weg, auf dem sich die
Besten durchsetzen, so wie im Sport. Nur wo Freiheit herrscht, werden
Entwicklungssprünge gemacht. Wer Spaß am Tüfteln hat, Lust am
Unerwarteten, der soll machen dürfen. Wenn die Grünen eine
Zukunftspartei sein wollen, sollten sie sich weg vom Grenzwert und
hin zum Grenzgänger orientieren. Erst wenn vorstellbar ist, dass sich
ein Steve Jobs in Berlin niedergelassen hätte oder sonst wo in
Deutschland, dann stimmt der Kompass.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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