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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Papstbesuch Zuhören und nachdenken lohnt STEFAN KÜPPER, ROM

Geschrieben am 21-09-2011

Bielefeld (ots) - Vielleicht ist das wirklich sein letzter Besuch
hier. Der Papst ist schließlich 84 Jahre alt. Seine Aufgaben sind
fordernd. Vielleicht kommt er auch wieder. Wer weiß das schon?
Benedikt XVI. ist schließlich bei guter Gesundheit. So oder so aber
bleibt sein Besuch eine sehr seltene Gelegenheit, sich auf einen
besonderen Menschen einzulassen. So gut es halt geht, so gut man halt
kann. Nicht wenigen wird als Begegnung ein Handyfoto reichen. Motiv:
Papst im Papamobil vor Menschenmenge. Manche Gläubige werden ihm
etwas näher kommen wollen, zum Beispiel im Berliner Olympiastadion
oder während der Vigil auf dem Freiburger Messegelände. Manche werden
mit ihm beten wollen. Manche werden mit Abscheu weggucken und gegen
seine Anwesenheit protestieren. Wieder andere werden mit ihm voller
Erwartungen in Dialog treten wollen, so wie die Vertreter der
evangelischen Kirche. Helmut Kohl trifft ihn, man staunt, persönlich.
So mancher Bundestagsabgeordnete möchte ihm dagegen nicht mal
zuhören. Zum Boykott, der Diskursunfähigkeit und dem schlechten
Benehmen jener Volksvertreter ist eigentlich alles gesagt. Es bleibt
nur die Verwunderung darüber, dass die wichtigste aller
Gastgeberpflichten anscheinend längst nicht jedem geläufig ist. Ein
guter Gastgeber hört vor allem anderen seinem geladenen Gast doch zu.
Und dafür wird ausreichend Gelegenheit sein. Wenn man sich denn
interessiert. 17 Reden hält Benedikt XVI. bei den verschiedenen
Stationen seines Besuchs. Sie werden inhaltlich verbunden sein. In
aller Regel hat dieser Papst vieles zu sagen, auch vieles
Feinsinniges, was sich kaum in eine Schlagzeile pressen lässt. Wer
nicht glaubt, könnte immer noch - quasi als geistigem Anreiz - der
Argumentation eines intellektuellen Theologieprofessors folgen. Das
Motiv der Reise, die Hauptbotschaft, ist lange bekannt: "Wo Gott ist,
da ist Zukunft." So plakativ muss es bei einem solcherart
inszenierten Großereignis anscheinend zugehen. Das Zuhören wird einem
bei all dem Drumherum, all der Aufregung, den Vorbereitungen, all dem
Gewese, den Eitelkeiten, den berechtigten Erwartungen und überzogenen
Ansprüchen auch schwer gemacht. Heute Nachmittag kommt der Papst in
den Reichstag. Er folgt der Einladung des Bundestagspräsidenten.
Benedikt XVI. wird seine mit besonderer Spannung erwartete erste
große Rede halten. Da sein Besuch dort aber die uralte Diskussion
über das Verhältnis von Staat und Kirche angeregt hat, soll hier noch
einmal an das altbekannte Diktum des Verfassungsrichters
Ernst-Wolfgang Böckenförde erinnert werden. "Der freiheitliche,
säkularisierte Rechtsstaat lebt von Voraussetzungen, die er selbst
nicht schaffen kann." Auch diese Ansicht muss man nicht teilen. Und
man muss nicht einmal der Meinung sein, dass deshalb Kirchen und
Religionen als Wertestifter in Gemeinwesen besonderer Förderung
bedürfen. Aber es lohnt sich zuweilen, über ihn nachzudenken.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de


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