(Registrieren)

WAZ: Ist der Euro kein Deutscher mehr? - Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 12-09-2011

Essen (ots) - Wenn urplötzlich nun die Bundesregierung öffentlich
über eine Pleite der Griechen spekuliert, verbirgt sich dahinter
womöglich ein Ablenkungsmanöver. Vielleicht geht es ja schon gar
nicht mehr um die Griechen, sondern längst um etwas, das schwerer
wiegt: die Verfassung des Euro. Das Ende der D-Mark und die
Einführung des Euro wurde den Deutschen mit dem Versprechen
schmackhaft gemacht, die neue Europäische Zentralbank (EZB) werde so
unabhängig sein wie die deutsche Bundesbank. Mit dieser
Unabhängigkeit ist es nicht mehr weit her. Seit gestern kauft die EZB
italienische und spanische Staatsanleihen, was nichts Geringeres ist
als ein klarer Bruch des EU-Vertrages. Der Grund ist politischer
Druck aus den Euro-Mitgliedsländern. Das dürfte der eigentliche Grund
für den Rücktritt des EZB-Chefvolkswirts Jürgen Stark sein. Der war
schon immer dagegen, die Bank als Instrument zur Stützung schwacher
Staaten zu missbrauchen. Er musste erkennen, dass die Deutschen mit
ihrer an der Geldwertstabilität orientierten Politik in Europa in die
Minderheit geraten waren. Inzwischen hat die Politik gleich
reihenweise Euro-Versprechen gebrochen. Längst hauen starke
finanzschwache Länder heraus, obwohl das gegen den Maastricht-Vertrag
verstößt. Und nun steht, über den Anleihekauf, die Unabhängigkeit der
EZB zur Diskussion. Fatal ist, dass es innerhalb der Bank zu einem
Machtkampf zwischen laxen und strengen Geldverwaltern gekommen ist.
Und schon bald übernimmt ein Italiener den Vorsitz der EZB, der Chef
der italienischen Notenbank, Draghi. Und Italien hängt an der
vertragswidrigen Stützung über Anleihekäufe durch Europas
Zentralbank. Das alles ist schwer zu durchschauen und wird den
Deutschen auch nicht erklärt. Zwar bereitet die Bundesregierung das
Volk inzwischen auf eine Pleite der Griechen vor, aber über die
Veränderung des Euro in den vergangenen beiden Jahren wird nicht
gesprochen. Das soll totgeschwiegen werden. Kein Wunder: Die
Deutschen sind schon mehrheitlich gegen den Versuch, Griechenland zu
retten. Wüssten sie, dass der Euro immer mehr zum Wachs in den Händen
notleidender Politiker wird, würde ihr Vertrauen in den Euro und die
Politik insgesamt noch weiter sinken. Fazit: Was gerade mit dem Euro
passiert, bestätigt jene Kritiker, die vor zehn Jahren vor dessen
Einführung warnten. Das wiegt schwerer als die Krise nur eines
Landes.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

351827

weitere Artikel:
  • Neues Deutschland: zur Debatte um Griechenlands Sparpolitik Berlin (ots) - Stellen Sie sich vor, Sie wollen bei Rot über eine Ampel gehen und ein daneben stehender Polizist ermahnt Sie, gefälligst bis Grün zu warten. Wie gefordert, überqueren Sie erst dann die Straße, doch ein rücksichtsloser Autofahrer fährt Sie an. Was würden Sie wohl sagen, wenn der Polizist Ihnen statt dem Autofahrer einen Strafzettel überreicht? Ähnlich ergeht es jetzt der griechischen Regierung. Sie hat sich dazu verpflichtet, brutale Sparmaßnahmen durchzuführen, um das Haushaltsdefizit deutlich zu senken. Daran mehr...

  • Rheinische Post: Gladbachs Daems: "Es macht viel Spaß" Düsseldorf (ots) - Filip Daems, Kapitän von Borussia Mönchenglabdach, hat derzeit viel Freude an seiner Arbeit. "Es macht viel Spaß, in dieser Mannschaft zu spielen. Man geht mit einem guten Gefühl in die Spiele - und die Gegner wissen, dass es nicht leicht ist, Tore gegen uns zu erzielen", sagt der 32-jährige Belgier in einem Interview mit der Rheinischen Post (Dienstagausgabe). Gladbach ist Tabellendritter mit zehn Punkten und hat in fünf Spielen erst drei Gegentore bekommen. Der dienstälteste Profi im Kader der Gladbacher nennt mehr...

  • Märkische Oderzeitung: Kommentarauszug zu Jahn-Behörde/Ex-Stasi-Mitarbeiter Frankfurt/Oder (ots) - Jahn spricht von einem Schlag ins Gesicht der Opfer. Das Unbehagen ist nachvollziehbar. Aber kann dies unter Würdigung der vergangenen 20 Jahre zum Maßstab des Handelns werden? Geht es nach Recht und Gesetz, und so sollte es eigentlich sein, geht da gar nichts mehr. Weil aber Kräfte in Union und FDP sich damit nicht abfinden wollen, sind sie - und jetzt wird es komisch - auf die Idee verfallen, ein Gesetz für die 47 ehemaligen Mitarbeiter des MfS zu beschließen. Die Stasi-Unterlagenbehörde soll für sie zum Sperrbezirk mehr...

  • Märkische Oderzeitung: Kommentarauszug zum Besuch David Camerons in Moskau Frankfurt/Oder (ots) - Für eine nachhaltige Eintrübung der Beziehungen sorgte der Tod eines Ex-KGB-Agenten Ende 2006, für den die britische Justiz russische Geheimdienstkreise verantwortlich macht. Moskau wiederum verlangt die Auslieferung eines im Londoner Exil befindlichen Oligarchen, dem Putschabsichten vorgeworfen werden. Dass nun David Cameron den ersten Schritt machte, um das Eis zu brechen, hat vor allem wirtschaftliche Gründe. Investoren von der Insel sind bei der Ausbeutung der gigantischen russischen Rohstoffressourcen mehr...

  • Rettungsschirm-Kritiker Schäffler (FDP): Verluste dürfen nicht sozialisiert werden / Rückzug Starks aus EZB-Direktorium ist Tragödie Bonn (ots) - Bonn/Berlin, 12. September 2011 - Der FDP-Abgeordnete und Euro-Rettungsschirm-Kritiker Frank Schäffler hat in der PHOENIX-Sendung UNTER DEN LINDEN (Ausstrahlung heute 19.15 Uhr, Wdh. 22.15 Uhr und 24.00 Uhr) einen harten Schuldenschnitt und eine Ausstiegsmöglichkeit für Griechenland aus dem Euro gefordert. Weiterhin sei eine stärkere Gläubiger-Beteiligung an den Verlusten notwendig: "Die Gläubiger, die erhöhte Renditen erwirtschaftet haben, müssen auch haften. Es kann nicht sein, dass die Gewinne privatisiert und die Verluste mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht