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Westdeutsche Zeitung: Die Finanzkrise ist auch eine Krise unserer politischen Ordnung - Schuldensucht im Endstadium Ein Kommentar von Christoph Lumme

Geschrieben am 19-08-2011

Düsseldorf (ots) - Die Börse bebt, Amerika taumelt, Europa ringt
um seine Währung: Die Schuldenkrise wütet wie ein janusköpfiger Dämon
über die Erdkugel. Bei der Frage, wer diesen Geist aus der Flasche
gelassen hat, herrscht allenthalben Ratlosigkeit. Sind skrupellose
Spekulanten schuld? Hysterische Anleger? Gnadenlose Rating-Agenturen?
Oder korrupte Regierungen und verwöhnte Staatsbürger?

Wer jenseits der aufgeregten Tagesdebatten forscht, stößt auf
einen einfachen Wahrheitskern. Schuld ist kein Dämon, sondern die
Sucht nach der Schuldendroge. Die Regierungen des Westens haben das
Laster entwickelt, sich die Gunst der Wähler mit ungedeckten Schecks
zu erkaufen. Seit Jahrzehnten sind sie abhängig von diesem Gift, das
so lautlos wie unaufhaltsam die Staatsfinanzen zerrüttet.

Niemand hat bisher den Weg aus der Sucht gefunden. Regierungen,
die sich vornähmen, dieses Gift zu verschmähen, würden scheitern,
weil sie sich den Wähler zum Todfeind machten. Und so verschließen
sie die Augen vor den ausstehenden Rechnungen, definieren das Ende
der Legislaturperiode als das Ende ihrer Verantwortlichkeit und
verlagern die Begleichung der Schulden auf den Sankt Nimmerleinstag.

Nun jedoch ist dieser Sankt Nimmerleinstag nah; die Epoche des
Durchwurstelns, Vertagens und Schönredens geht zu Ende. Immer mehr
Staaten müssen erkennen, dass sie den Stoff, nach dem sie süchtig
sind, auf dem Markt kaum noch erhalten, weil ihre Dealer ihnen das
Vertrauen entziehen. Sie ahnen: An diesem Sankt Nimmerleinstag wird
es nicht nur um Wohlstand und Armut gehen, nicht nur darum, dass eine
Generation für die Schulden einer anderen aufkommt. Es wird um die
Existenz des Sozialstaats gehen, um das Ende der westlichen Dominanz
und möglicherweise sogar um die Zukunft der Demokratien selbst.

Der Westen hat eine letzte Chance: Er muss sich seine Sucht
endlich eingestehen. Er muss sich eingestehen, dass nicht
marktwirtschaftliches Versagen, sondern ein Konstruktionsfehler der
politischen Ordnung die Ursache dieser Schuldenkrise ist.

Deshalb reicht es auch nicht, kollabierende Staaten notärztlich zu
versorgen. Der Westen gehört in die Langzeit-Therapie - und muss den
Drogenverzicht fest in seinen Verfassungen verankern.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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