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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Bankenaufsicht

Geschrieben am 15-07-2011

Bielefeld (ots) - Jeder kennt ihn, den Stress. Als Auslöser gelten
Arbeitsdruck und übermäßige Belastung, anhaltender Kummer oder eine
besondere Gefahrensituation. Neu ist ein Stresstest als auslösender
Faktor. Der Bericht, den die neu geschaffene europäische
Bankenaufsicht EBA zum zweiten Mal vorgelegt hat, hat alle
Voraussetzungen, den Adrenalin-Spiegel bei Bankmitarbeitern und ihren
Kunden in die Höhe zu treiben. Natürlich ist es gut, wenn die EBA
ihren Auftrag ernst nimmt. Dazu gehört, dass Banken bei der Prüfung
auch durchfallen können - allerdings auf der Grundlage von Aufgaben,
die transparent und plausibel sind. Beim aktuellen Test sind an
einigen Stellen Zweifel angebracht. So hat es die EBA versäumt (oder
auf politischen Druck hin darauf verzichtet), den Fall eines
Staatsbankrotts oder einer schmerzhaften Umschuldung (Haircut) in den
Test einzubeziehen. Stattdessen geht das entscheidende Krisenszenario
von einem konjunkturellen Einbruch und einem Rückgang der
europäischen Wirtschaft in zwei Jahren um insgesamt vier Prozent bei
gleichzeitiger Erhöhung des Leitzinses aus. Allerdings ist es höchst
unwahrscheinlich, dass die Europäische Zentralbank einen Abschwung
noch verstärkt, indem sie die Kredite verteuert. Grundsätzlich stellt
sich die Frage, ob kleinere Geldinstitute wirklich den gleichen
strengen Kriterien zu unterwerfen sind wie Großbanken. Die spanischen
Sparkassen sind teilweise schon beim ersten Bankenstresstest
durchgefallen. Inzwischen wurde das System grundlegend umstrukturiert
- ein Faktor, den die EBA zu wenig berücksichtigt hat. Ganz
unverständlich wird das Testergebnis dadurch, dass auf deutscher
Seite ausgerechnet die solide Hessische Landesbank bei den Prüfern
durchgefallen ist, während die hochverschuldeten Bayern-LB und
West-LB offenbar bestanden haben. Um zu diesem Ergebnis zu kommen,
wurden die stillen Einlagen nicht zum harten Kernkapital gerechnet,
obwohl das Hessen ausdrücklich erklärt hat, dass die Milliarden in
Krisenzeiten zur Verfügung stünden. Diese Mängel sind so gravierend,
dass die EU darüber nicht zur Tagesordnung übergehen darf.
Schließlich kann das Ergebnis schlimmstenfalls auch zur Insolvenz
eines Instituts führen. Nicht jeder Kunde studiert erst lange den
kompletten Bericht, um zu einem selbstständigen Urteil zu kommen. Die
Kritik an diesem Verfahren bedeutet nicht, dass Bankenstresstests
grundsätzlich sinnlos sind. Schließlich suchen Bankkunden nach der
Finanzkrise und in der aktuellen Währungsdebatte händeringend nach
Sicherheiten für ihr Geld. Dazu würde es reichen, wenn eine
europäische Bankenaufsicht permanent über die Geldinstitute wachen
und in einer wirklichen Krisensituation auch die notwendigen
Maßnahmen ergreifen würde. Fight or Flight - Kampf oder Flucht - sind
Medizinern zufolge die natürlichen Stressreaktionen. Flüchten wäre
falsch. Die EBA muss kämpfen.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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