(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Zur FDP: Posten für Minderleister

Geschrieben am 10-05-2011

Regensburg (ots) - Leistung muss sich wieder lohnen. Eine liberale
Partei fühlt sich diesem Grundsatz verpflichtet - aber nur im
Grundsatz. Bei den Landtagswahlen Ende März verlor die FDP in
Rheinland-Pfalz nicht nur 3,8 Prozent der Stimmen, sondern sie flog
mit 4,2 Prozent der Stimmen auch gleich noch aus dem Landtag.
Landesvorsitzender war damals Rainer Brüderle. In Baden-Württemberg
verlor die Partei 5,4 Prozent der Stimmen und fand sich mit 5,3
Prozent auf den harten Oppositionsbänken wieder. Landesvorsitzende
war und ist Birgit Homburger. Nun will die FDP bundesweit neu
durchstarten, aber zuvor müssen die beiden Verlierer - man kann sie
im neuen Wirtschaftsdeutsch auch Minderleister nennen - noch versorgt
werden. Die Plaudertasche Brüderle verzichtet auf das Amt des
Bundeswirtschaftsministers nur, weil er dafür mit dem Posten des
Fraktionschefs der Liberalen im Bundestag abgefunden wird. Und weil
die bisherige Amtsinhaberin Birgit Homburger zwar bisher nicht groß
aufgefallen ist, aber trotzdem auf einem Ausgleich besteht, soll sie
wenigstens erste stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende werden.
Leistung muss schließlich belohnt werden, auch wenn die Wähler das
ganz anders gesehen haben. Nichtsdestoweniger wird der designierte
Parteivorsitzende Philipp Rösler zufrieden sein. Er kann seine
kritikwürdigen Personalvorschläge durchsetzen, weil es sich die
Liberalen gar nicht erlauben können, ihren künftigen Vorsitzenden
jetzt schon zu desavouieren. Dank der Personalrochade kann der
künftige Vizekanzler vom ungeliebten Gesundheitsressort in das
Wirtschaftsministerium wechseln. Dort auf dem Stuhl von Ludwig Erhard
und Otto Graf Lambsdorff will Rösler sich und die FDP als das
liberale Wirtschaftsgewissen Deutschlands profilieren. Davon
verspricht sich die an Wählerschwund krankende FDP mehr
Heilungschancen als vom mühsamen Geschäft des Aushandelns von
Pharmarabatten, Leistungskatalogen und Zuzahlungsregeln. Als
Wirtschaftsminister kann und muss Rösler zeigen, dass der
Liberalismus mehr zu bieten hat, als den ständigen Ruf nach
Steuersenkungen. Die FDP hat mit ihrer einseitigen Privilegierung zum
Beispiel der Hoteliers oder der Besserverdiener ihren Anspruch
verspielt, alle Leistungsträger in diesem Land zu vertreten. Die FDP
versteht sich nicht als klassische Volkspartei, aber eine Partei, die
verbal den Leistungsgedanken hochhält, sollte sich zumindest darum
kümmern, dass auch der fleißige Arbeitnehmer mit niedrigem oder
mittlerem Einkommen vom Wirtschaftsaufschwung profitiert.
Steuersenkungen bringen ihm vergleichsweise wenig, die Senkung oder
zumindest Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge dagegen viel
mehr. Der bisherige Vorsitzende Guido Westerwelle hat für sich den
Stuhl des Außenministers gesichert - doch auch in diesem Bereich wird
Vizekanzler Rösler Flagge zeigen müssen. Es fällt auf, dass viele
liberale Bundestagsabgeordnete aus ihrer Europa- oder besser
Euroskepsis keinen Hehl mehr machen. Entsteht hier eine neue
nationalliberale Bewegung unter dem Motto "Nein. Wir zahlen nicht."?
Es wäre fatal, wenn die Partei des Ex-Außenministers Hans-Dietrich
Genscher sich mit Anti-Europa-Parolen populistisch positionieren
würde. Klare Worte von Rösler sind gefragt. Noch dazu könnte er sich
so schnell aus dem Schatten von Westerwelle lösen. In der
Personalpolitik nahm Rösler Rücksicht auf alte Mitstreiter. Wird er
es nun schaffen, in den Sachfragen eine klare Linie zu ziehen? Man
muss darauf hoffen. Die FDP kann sich faule Kompromisse leisten,
Deutschland nicht.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

330964

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Liberal-Maß: 38-34-32 Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Sven Gösmann: Der Liberalismus ist eine große Idee, die vieles überlebt hat: Diktaturen, Revolutionen, Kriege und desaströse Wahlniederlagen. Ob der Liberalismus auch diese FDP überlebt, daran darf aktuell gezweifelt werden. In einem sich über Monate hinziehenden Machtkampf hat sich die FDP eine neue Führung gegeben. Das Stühlerücken korrigiert personelle und strategische Fehler der Westerwelle-FDP aus der Anfangszeit der schwarz-gelben Koalition: Rösler versucht als Wirtschaftsminister ein mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar zu Teure Lebensmittel Preis der Freiheit JOHANN VOLLMER Bielefeld (ots) - Es ist das kleine Einmaleins der Marktwirtschaft: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Was knapp ist und viele wollen, ist wertvoll. Fällt die Ernte schlecht aus, wird der Weizen teurer. Und natürlich dürfen mit Nahrungsmitteln Gewinne erzielt werden. Denn nur so ist gewährleistet, dass ausreichend produziert wird. Das lehren nicht zuletzt die großen Hungerkatastrophen, die die sozialistische Planwirtschaft in ihrer Geschichte verschuldet hat. Problematisch wird es dann, wenn das Geschäft gänzlich von der mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar zu Steuerplus Gaspedal statt Schuldenbremse? BERNHARD HÄNEL Bielefeld (ots) - Die Steuereinnahmen sprudeln. Der neue Geldsegen weckt alte Reflexe. Steuern senken tönt es aus den Reihen der Koalition. Alte Reflexe, die man bislang eher von der SPD gewohnt war. Doch wie sieht es tatsächlich aus mit den Spielräumen für eine Entlastung der Bürger? Die Staatsschulden steigen ungebremst weiter. 1.740.706.077.242 Euro betrug die Schuldenlast gestern Abend um 18.40.12 Uhr. Nur zwei Minuten später waren rund 300.000 Euro hinzugekommen. Wo bitte ist der Spielraum für Steuersenkungen? Gaspedal statt mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar zu Untersuchungsausschüsse im Landtag Aufklärung PETER JANSEN, DÜSSELDORF Bielefeld (ots) - Gleich zwei Parlamentarische Untersuchungsausschüsse des NRW-Landtags werden sich demnächst an die Arbeit machen, um zwei höchst unterschiedliche Affären aufzuklären. Bei der Untersuchung der Umstände einer Antwort von Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) auf die Frage nach dem Verbleib von Brennelementkugeln aus dem längst stillgelegten Forschungsreaktor in Jülich geht es mehr um den Wunsch der Opposition nach einem gehörigen Spektakel. Denn aufzuklären gibt es nichts mehr. In dem weitaus wichtigeren Untersuchungsausschuss mehr...

  • RNZ: "Perfides Kalkül" - Die RNZ kommentiert die Schikanen gegen City BKK-Versicherte. Heidelberg (ots) - Von Sören Sgries Es ist eine Schande, was Versicherte der City BKK derzeit erleben müssen. Nicht nur, dass ihnen der Schreck in die Knochen gefahren sein dürfte als es hieß: Ihre Krankenkasse ist pleite. Jetzt erweist sich auch noch der vermeintlich problemlose - und gesetzlich garantierte - Wechsel zu einer neuen Kasse als äußerst hindernisreich. Besonders perfide: Es sind vor allem Ältere und chronisch Kranke, denen die Suche nach einer neuen Kasse verleidet wird. Klar: Ihre Aufnahme könnte für die Krankenkasse mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht