(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Ein Kampf gegen Windmühlen Leitartikel zur Energiewende

Geschrieben am 26-04-2011

Regensburg (ots) - Menschenleere Sperrzonen, kilometerweit.
Zehntausende Tote. Millionen Kranke in ganz Europa. Tschernobyl ist
bis heute das Synonym für unfassbares Entsetzen. Wenn in diesen
Tagen, in denen sich die Katastrophe zum 25sten Mal jährt, die Bilder
wieder lebendig werden, und wenn dann der Blick nach Japan geht, wenn
es so scheint, als habe die Menschheit in einem Vierteljahrhundert
nichts, aber auch gar nichts gelernt, dann macht das fassungslos. Und
sieht man dann Menschen protestieren, nicht gegen die Atomkraft,
sondern gegen die Alternative, gegen den sauberen Strom aus
Windkraftanlagen - muss man nicht verzweifeln? So widersinnig es
scheint: Auch der Protest gegen die Windenergie hat seine
Berechtigung. Nimby, so nennen Wissenschaftler das Phänomen. Not in
my backyard - nicht in meinem Garten. Asylbewerber gerne, aber kein
Ausländerwohnheim in unserer Straße. Windenergie ja, aber nicht vor
meinem Balkon. Die Motivationen für diese Proteste sind oft
vielschichtig, eine Mischung aus handfesten ökonomischen Interessen -
sinkt der Wert meiner Immobilie, wenn vor dem Garten ein Windrad
steht? Dazu gesellt sich die Sorge um die eigene Lebensqualität und
eine diffuse Angst vor unabwägbaren, weil unbekannten, unerforschten
oder unbewiesenen Risiken wie dem Infraschall. Nicht nur angesichts
der Weltuntergangsszenarien in Tschernobyl und Fukushima, sondern
auch angesichts der öden Kraterlandschaften, die der Kohlebergbau in
weiten Teilen Deutschlands hinterlassen hat, erscheinen die Sorgen um
Schlagschatten im Wohnzimmer und um blinkende Positionslichter
rotierender Windräder über ländlichem Waldidyll auf den ersten Blick
schwer nachvollziehbar. Und doch sollte, muss es in einem
demokratischen Land eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Ängste
und Sorgen aller Bürger ernst genommen werden. Und dass gerade
diejenigen, die mit dem Bau der Windkraftanlagen Geld verdienen,
alles tun, um diese Sorgen und Ängste qualifiziert zu zerstreuen -
sei es mit Foren zur Information und Beteiligung der Anwohner, sei es
mit der Finanzierung von unabhängigen Studien, mit Investitionen zum
Schutz von Mensch und Natur oder, im Zweifelsfall, dem Angebot von
Entschädigungen. Natürlich wird man es dabei nicht allen recht machen
können. Die Landschaft wird sich verändern. Soll es wirklich
gelingen, langfristig die Leistung aller 17 deutschen Atomkraftwerke
durch regenerative Energien zu ersetzen, dann wird sie sich sogar
dramatisch verändern. Und bei irgendjemand werden die Windräder, die
Sonnenkollektoren, die Biogasanlagen immer vor dem Balkon stehen.
Gesundheitliche Risiken müssen dafür mit absoluter Sicherheit
ausgeschlossen werden. Im Hinblick auf Wohnqualität und
Landschaftsschutz müssen standortbezogene Kompromisse möglich sein.
Gelingt es so, die Bürger mitzunehmen in diesem gewaltigen Prozess,
dann ist die vielbeschworene Energiewende eine Chance. Nicht nur für
die Umwelt, sondern auch für eine demokratischere, weil dezentralere
Form der Energiegewinnung. Es ist die Chance, den Strom nicht mehr
nur aus der Steckdose kommen zu lassen. Nicht mehr abhängig zu sein
von vier Großkonzernen, sondern selber über die Zukunft der
Energiegewinnung mitzubestimmen. Die Anwohner der geplanten
Windkraftanlagen haben Recht damit, wenn sie diese Mitbestimmung
einfordern. Damit die Welt in 25 Jahren anders aussieht.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

328300

weitere Artikel:
  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Warnschuss-Arrest Halle (ots) - Dass die Täter wie in diesem Fall nach ihrer Vernehmung einfach so nach Hause gehen können und womöglich mit einer Bewährungsstrafe davon kommen, ist alles andere als selbstverständlich. Was läge da näher als der Warnschuss-Arrest? Er soll die Jugendstrafe auf Bewährung ergänzen und jungen Tätern die Konsequenzen weiterer Gesetzesverstöße vor Augen führen. Es kann aber nicht das Ziel sein, zur weiteren Verrohung Jugendlicher beizutragen, in dem man sie zu echten "Knackis" in die Zelle steckt. In einem Fall wie diesem wäre mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zur Bahn Halle (ots) - Nun sind volle Züge an einem solchen Super-Wochenende auch für Kurzurlauber keine Überraschung. Schon aber, dass sie wie in Halle und Münster wegen Überfüllung aus der Bahn komplimentiert werden. Es sei dahingestellt, ob ein 25-Euro-Gutschein darüber hinwegtrösten kann. Den Betroffenen aber wird es wohl wie ein Hohn erscheinen, wenn die Bahn dann auch noch verkündet, der Osterverkehr sei angesichts von 5_000 Fernzügen "gut gelaufen". Die Bahn macht es sich zu leicht, wenn sie Halle und Münster als Einzelfälle zu den mehr...

  • Südwest Presse: Kommentar zur Autoindustrie Ulm (ots) - Der Regierungswechsel im Land wirft Schatten auf den Festkalender im Südwesten. Schließlich hatten Hersteller, Zulieferer, Tourismusmanager und Landespolitiker in diesem Jahr vor, den 125. Geburtstag des Automobils in Saus und Braus und möglichst ungestört zu feiern. Doch noch bevor der 125 Tage währende "Automobilsommer 2011" begonnen hat, kommt Katerstimmung auf. Aber wie im wirklichen Leben wird sie rasch wieder vergehen. Was ist schon groß passiert? Der designierte Landesvater Winfried Kretschmann (Grüne) sprach sich mehr...

  • Rheinische Post: Syrien am Abgrund Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Matthias Beermann: Wie der Vater, so der Sohn: Im Falle der Assads hatte man gehofft, dass es nicht so kommen würde. Bashar Assad hat diese Hoffnung geschickt genährt, sich als Reformer präsentiert, der den Syrern mehr Freiheiten einräumen würde als sein grimmiger Vater. Doch nun lässt auch der Sohn unbewaffnete Demonstranten von seiner Armee zusammenschießen. Die Öffnungspolitik von Assad junior war nur eine nette Fassade. In Wirklichkeit wäre jede Lockerung für sein Regime der Anfang vom mehr...

  • Rheinische Post: Die SPD in der Sarrazin-Falle Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Gregor Mayntz: Die SPD schafft sich ab. Die gute alte deutsche Sozialdemokratie fährt inzwischen bei fast jeder Landtagswahl historische Tiefststände ein. Wenn die Genossen an Wahlabenden bei Verlusten von bis zu zehn Prozent jubelnd die Arme hochreißen, dann sind sie ein Fall für die Psychologie, Abteilung Wahrnehmungsstörung. Ergänzt wird dieses Bild bei den Inhalten sozialdemokratischer Politik in der Abteilung Schizophrenie. Etwa, wenn sie dafür ist, den umstrittenen Bahnhof Stuttgart mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht