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Lausitzer Rundschau: Tschernobyl und die Apokalypse Zum 25. Jahrestag des Supergaus

Geschrieben am 25-04-2011

Cottbus (ots) - Wladimir Gudow, vor 25Jahren
stellvertretender Kommandant der Tschernobyl-Liquidatoren, kann nur
unter Qualen von der Mission seines Spezialbataillons 731 erzählen.
Seine Soldaten schütteten damals den weißglühenden Reaktorkern zu. Es
war der Einsatz ihres Lebens: DreiViertel von Gudows Männern
sind inzwischen tot. Für viele Millionen Menschen ist Tschernobyl zu
einem Albtraum ohne Ende geworden. Rund um das Katastrophen-AKW ist
noch immer ein Gebiet verstrahlt, das so groß ist wie Österreich und
die Schweiz zusammen. Zehntausende Krebstote sind ebenso Teil der
Schreckensbilanz wie die materiellen Verluste, die auf etwa eine
halbe Billion Euro geschätzt werden. Tschernobyl war eine
Menschheitskatastrophe. Gudow geht jedoch noch weiter. Er leitet den
Namen Tschernobyl - sprachhistorisch nicht ganz sauber - vom
ukrainischen Wort für Wermut ab und zitiert die biblische Apokalypse:
"Der dritte Engel stieß in die Posaune. Da fiel vom Himmel ein großer
Stern. Er fiel auf ein Drittel der Flüsse. Der Name des Sterns war
Wermut. Da wurde ein Drittel des Wassers zu Wermut, und viele
Menschen starben, weil das Wasser bitter war." Tschernobyl als
Apokalypse: Das ist, mit Verlaub, Unsinn! Die Reaktorkatastrophe in
der Sowjetunion war genauso menschengemacht wie die Tragödie in
Fukushima. Dies zu betonen, ist wichtig. Denn die Überhöhung des GAU
zur Gottesstrafe ist kontraproduktiv. Zum einen entlasten
Apokalypse-Szenarien die Täter, die sowjetischen Apparatschiks
genauso wie die japanischen AKW-Betreiber. Zum anderen steigert sich
so die Atomangst ins Irrationale. Um es klar zu sagen: Die Folgen von
Tschernobyl und Fukushima sind verheerend - der Weltuntergang ist
damit jedoch nicht verbunden! Dies sollten sich vor allem die
Deutschen mit ihrer "German Angst" vor Augen führen. Die Nuklearfrage
droht die EU schon heute zu spalten. Länder wie Frankreich und Polen
sind entschlossen, an der Atomenergie festzuhalten. Es wird nur zu
fruchtlosem Streit führen, sollten sich die Deutschen als
Sittenwächter aufspielen. Gefragt sind mehr denn je nüchterne
Analysen und konsequentes politisches Handeln. Der Atomausstieg
bleibt auch ohne Weltuntergangsfantasien das Gebot der Stunde. Aber
machen wir uns nichts vor: Dies ist und bleibt ein Langzeitprojekt.
Jede Wette, dass auch 50Jahre nach Tschernobyl irgendwo in
der Welt noch Kernkraftwerke am Netz sein werden.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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