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tz München: Die Diskussion um die Atomkraft "Ausstieg" - ein deutsches Zauberwort

Geschrieben am 15-04-2011

München (ots) - "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen", so
hieß es einmal, aber das ist längst versunken im tiefen Brunnen der
Vergangenheit. Nur unsere Neigung zu einem deutschen Sonderweg, zum
Ausstieg aus dem Konsens mit der Moderne, ist geblieben. Sie ist dem
romantischen Hang der Deutschen geschuldet, die Welt lieber nach
unseren Vorstellungen und weniger in ihrer Realität sehen zu wollen.
Mit der Sofortabschaltung von sieben Kernkraftwerken und in dem nun
in allen Parteien gefassten Entschluss, ganz aus der friedlichen
Nutzung der Kernkraft auszusteigen, steht Deutschland isoliert und
alleine da. Dass Sonne und Wind in ihrer Unregelmäßigkeit kaum Ersatz
bieten können, sondern dass dazu auch neue Kohlekraftwerke mit ihrem
bekannten klimaschädigenden CO2-Ausstoß notwendig sind, lässt die
deutsche Entscheidung aus Sicht des Auslandes recht verantwortungslos
erscheinen. Auf der ganzen Welt gibt es über 500 Kernkraftwerke und
künftig werden es mehr werden. Unsere Politiker und die Fachleute der
Energiewirtschaft wissen auch ganz genau, wohin der deutsche
Alleingang führen muss: zum verstärkten Import von Energie und
Atomstrom. Da trifft es sich gut, dass in dieser Woche der Bayerische
Ministerpräsident Seehofer in Moskau mit Wladimir Putin auf eine
starke Energiepartnerschaft mit den Russen angestoßen hat. Das stimmt
dort jeden freundlich, denn man hat ja schon im Gasgeschäft mit
Deutschland gute Erfahrungen gemacht. Jetzt wollen die Russen über 20
neue Atommeiler bauen, um noch mehr Öl und Gas nach Deutschland
exportieren zu können. Da sind sich der Neuökologe Seehofer und der
Atommeilerbauer Putin einig. Was solche Energielieferungen bedeuten
können, davon kann der Energieriese Eon ein Lied singen. Dessen
Tochtergesellschaft Ruhrgas hat mit den Russen sogenannte
"Jahrhundertverträge" abgeschlossen, die Eon verpflichten, Gas in
Mengen und zu Preisen abzunehmen, die heute nicht mehr den
Weltmarktverhältnissen entsprechen. Da die Russen auf Vertragstreue
beharren, muss Eon schon heute Milliardenverluste aus diesem Geschäft
verbuchen. Da haben sich halt Ruhrgas-Manager verkalkuliert - kommt
ja vor im Wirtschaftsleben. In diesem Fall aber könnte der Druck auf
Eon so groß werden, dass es den Russen den lang erstrebten direkten
Zugang zum deutschen Endverbraucher öffnen könnte. Aber ganz gleich
woher wir künftig Energie beziehen, unsere Einfuhrabhängigkeit wird
zu höheren Kosten für die Haushalte und Wettbewerbsnachteilen für die
deutsche Industrie führen. Und nicht weniger, sondern mehr
Kernenergiewerke werden vor unserer Tür entstehen. Deren Sicherheit
bestimmen dann nicht mehr wir mit deutscher Ingenieurkunst und
unserem hohen Sicherheitsstandard. Die Welt hebt einfach nicht an zu
singen bei deutschen Zauberworten wie Atomausstieg - sie schüttelt
den Kopf über uns und sie reibt sich die Hände - in der Hoffnung auf
gute Geschäfte. tz-Verleger Dirk Ippen



Pressekontakt:
tz München
Redaktion
Telefon: 089 5306 505
politik@tz-online.de


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