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Westdeutsche Zeitung: Das falsche Spiel des Hamid Karsai Ein Kommentar von Lothar Leuschen

Geschrieben am 03-04-2011

Düsseldorf (ots) - Mit der Verbrennung des Korans in seiner
Glaubensgemeinde in Florida hat der radikale amerikanische Prediger
Terry Jones eine eher ungewollte Allianz geschmiedet. Denn Nutznießer
seiner an Populismus kaum zu überbietenden Aktion vom 20. März sind
letztlich die, auf die er es selbst am meisten abgesehen hat. Jones
spielt den Fürsten der Taliban in die Karten. Er gibt ihnen die
Munition, die sie brauchen, um ihre Anhänger zu mobilisieren. Das ist
umso tragischer, als es den Islamisten in den vergangenen Monaten
nicht gelang, aus den Unruhen in der arabischen Welt Kapital zu
schlagen. Nun sind sie wieder obenauf, weil ein westlicher
Hassprediger seinen wirren Worten von vor einem halben Jahr jetzt ein
erbärmliches Schauspiel hat folgen lassen. Das Ergebnis sind Tote und
Verletzte am vergangenen Wochenende in Afghanistan, wo Islamisten
sich aufgefordert fühlten, an den "Ungläubigen" aus dem Westen Rache
zu üben.

Die jüngsten Ereignisse treffen die USA und deren Präsidenten
Barack Obama hart. Einerseits wollen die USA im Sommer mit dem
Rückzug ihrer Truppen beginnen. Andererseits zeigen die Anschläge vom
Wochenende, dass Afghanistan von Normalität nach westlichen Maßstäben
weit entfernt ist. Und das liegt nicht zuletzt an Hamid Karsai.

Denn der afghanische Präsident selbst war es, der die Unruhen in
seinem Land wegen der Verbrennung des Korans geschürt hat. Während
die Medien in den USA den Unfug Jones' zehn Tage lang weitgehend
ignorierten, forderte ausgerechnet der vom Westen gestützte Karsai in
einer Rede, der Prediger müsse bestraft werden.

Damit hat der ohnehin umstrittene afghanische Präsident einmal
mehr unter Beweis gestellt, dass er ein unsicherer Kantonist ist.
Statt zu schweigen und in seinem Land die ohnehin schon sehr fragile
Ruhe zu bewahren, nutzte er die Koran-Verbrennung ohne Rücksicht auf
seine westlichen Verbündeten, um bei den Islamisten Punkte zu
sammeln. Dass diese Zustimmung blutbefleckt sein würde, nahm er
billigend in Kauf.

Für die Diplomatie ist Karsais falsches Spiel nach den zuletzt
besseren Signalen ein herber Rückschlag. Er zeigt, wie Alltag in
Afghanistan sein dürfte, wenn der Westen einmal nicht mehr so genau
hinschaut.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211 / 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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