(Registrieren)

Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Libyen-Konflikt offenbart Führungsschwächen Europa in der Krise THOMAS SEIM

Geschrieben am 23-03-2011

Bielefeld (ots) - Es geht ein Riss durch Europa. Wir sind gut
beraten, die Gefahr nicht zu unterschätzen. Der Libyen-Konflikt
offenbart eklatante politische Schwächen und wird zur Gefahr für die
NATO und den alten Kontinent. 1. Es gibt keine Führung. Das
militärische Eingreifen gegen Libyen lässt das stabil geglaubte
Bündnis der NATO in atemberaubendem Tempo auseinanderfallen. Ein
französischer Präsident mit miesen Umfragewerten und einem immer
offensichtlicher werdenden Minderwertigkeitskomplex kann seinen
Flugzeugträger gar nicht schnell genug in den Krieg schicken. 2. Die
deutsche Innenpolitik regiert die Außenpolitik - ein Kardinalfehler.
Die Furcht vor den Landtagswahlen und wackelnden Mehrheiten am
Wochenende lässt ausgerechnet eine christlich-liberale Regierung aus
der Solidarität mit den USA und dazu auch noch Frankreich zugunsten
einer zweifelhaften Nähe zu Russland und China aussteigen.
Außenpolitisch ist das ein Risiko, das viele Christdemokraten, die
ohnehin mit dem ungeliebten Außenminister hadern, nicht mehr nur
hinter vorgehaltener Hand, sondern Merkel ins Gesicht sagen. Selbst
wenn der Vergleich mit der Absage des Altkanzlers Gerhard Schröder an
den Irak-Krieg inhaltlich stimmig wäre - was er nicht ist: Wie löst
diese Koalition dann den Widerspruch zwischen ihrem damaligen Willen
zur Solidarität mit den USA und dem heutigen Versagen genau dieser
Solidarität? 3. Die USA fallen als Führungsnation aus. Vielleicht ist
das die schwerste Bürde, die US-Präsident Obama den Europäern auf die
Schultern legt. Jahrzehntelang konnte der alte Kontinent sich darauf
verlassen, dass die USA ihm im Zweifel den Weg weisen. Darauf ist
angesichts innenpolitischer Instabilität in den USA kein Verlass
mehr. Man muss fürchten, dass auch dies fatale Wirkungen für Europa
hat. 4. Der Zusammenhalt schwindet. Selten zuvor hat die Türkei sich
so klar von einer gemeinsamen NATO-Strategie abgesetzt wie derzeit.
Mit einem islamischen Führer, der schon mehrfach - unter anderem
gegenüber dem Iran - mit seiner Mittlerposition kokettiert hat, kann
der Libyen-Konflikt sich zur Belastung an der Südostflanke der NATO
ausweiten. 5. Russland schwankt. Zwischen Präsident Medwedew und dem
heimlichen Machthaber, Ministerpräsident Putin, ist über die
Libyen-Krise ein Konflikt offenbar geworden, der in dieser Heftigkeit
bislang nur vermutet werden konnte. Vor den in Russland anstehenden
Wahlen macht dies das Land nicht stabiler und damit berechenbarer. Es
scheint, als drohe sich Geschichte zu wiederholen und der
Nationalstaat in Europa wieder aufzuerstehen. Ein Beobachtung, die
wir schon aus der Euro-Krise kennen. Das wäre ein Desaster - für das
europäische Friedenswerk und damit für jeden Bürger. Man hofft, dass
sich Führungsfiguren von der Qualität eines Helmut Schmidt, eines
Helmut Kohl, eines Giscard d'Estaing oder François Mitterrand finden
mögen, die das europäische Werk wieder richten. Ihre Nachfolger indes
sind gewogen und für zu leicht befunden.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

322651

weitere Artikel:
  • Neue OZ: Kommentar zu Libyen / NATO Osnabrück (ots) - Widersprüchlich Einigkeit macht stark. Gemessen an diesem Grundsatz, bietet die NATO ein schwaches Bild. Statt Gemeinsamkeit zu demonstrieren, streiten sich wichtige Partner wie Frankreich, die Türkei und die USA tagelang, welche Rolle die Allianz bei der Durchsetzung der Flugverbotszone über Libyen spielen soll. Und zu allem Überfluss begibt sich dann auch noch Deutschland auf einen umstrittenen Sonderweg. Ohne Not hat sich die Bundesrepublik im Sicherheitsrat der Stimme enthalten, als es darum ging, mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Ev. Kirche / Mitgliederschwund Osnabrück (ots) - Vielleicht kommt es noch schlimmer Die evangelische Kirche steht vor dem gleichen Problem wie Parteien, Schulen und Firmen: Aufgrund geburtenschwacher Jahrgänge fehlt der Nachwuchs. Allerdings bedeutet das für die Kirche nicht nur Gottesdienste mit noch weniger Besuchern, sondern auch immer geringere Einnahmen. Die Kirchensteuer macht bei den Protestanten mehr als 60 Prozent des Haushaltes aus. Auf die Kirche kommt mit dem erwarteten Mitgliederschwund in den nächsten Jahren also auch ein gewaltiges finanzielles mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Scholz / Hamburg Osnabrück (ots) - Wohltuend sachlich Olaf Scholz war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Nach dem gescheiterten schwarz-grünen Experiment an der Elbe vermittelte der gebürtige Osnabrücker im Hamburger Wahlkampf den Eindruck von Bodenständigkeit und Verlässlichkeit. Neben dem blassen Christoph Ahlhaus genügten diese Attribute, um im Vergleich zu seinem CDU-Konkurrenten hanseatischer zu wirken und damit die Alleinherrschaft zu gewinnen. Mit seiner Regierungserklärung untermauert der neue Erste Bürgermeister diese Eindrücke: Scholz mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Japan Osnabrück (ots) - Unzerstörbarer Optimismus Erst Erdbeben, dann Tsunami, schließlich das Drama um einen drohenden Super-GAU: Wie hätte Deutschland auf eine solche Katastrophe reagiert? Die Antwort bleibt uns hoffentlich erspart. Fest steht nur: Noch immer zeigen die wenigsten Japaner Zeichen von Panik oder Hysterie, obwohl sich die Welt vor einer Kernschmelze fürchtet. Es gibt zwar Fälle von Hamsterkäufen in der 35-Millionen-Metropole Tokio, weil im Wasser erhöhte Radioaktivität gemessen wurde. Der Eindruck trügt jedoch mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Zur Lage im Nahen Osten Zukunft gestalten INDRA KLEY, JERUSALEM Bielefeld (ots) - Raketenterror aus dem Gazastreifen, ein Sprengstoffanschlag auf eine Bushaltestelle in Jerusalem - die Geschichte, so scheint es, wiederholt sich. Nach den schrecklichen Ereignissen der vergangenen Tage werden Rufe laut, sich mit allen Mitteln gegen die Gewalt zu wehren. Verständlich in einem Land, dessen Menschen mit Krieg und Terror aufgewachsen sind und von denen die meisten einfach nur in Ruhe und Sicherheit leben möchten. Doch eben weil sich die Geschichte zu wiederholen scheint, lohnt sich ein kühler Blick mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht