Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Atomkraft in Deutschland:
Geschrieben am 22-03-2011 |
Bielefeld (ots) - Restrisiko ist ein furchbares Wort, Sicherheit
ein viel schöneres. Nach der Atomkatastrophe von Japan ist Sicherheit
das am häufigsten verwendete Wort in Deutschland. Sicherheit habe bei
der Kernkraft oberste Priorität, betont Kanzlerin Angela Merkel und
setzt gleich zwei Kommissionen ein, die über die sichere Beendigung
der Kernenergie beraten sollen. In der Bevölkerung ist der Schock
groß, dass der hochindustrialisierte Westen sein Versprechen nicht
einhalten kann, die Atomkraft zu beherrschen. Mit dem inflationären
Gebrauch des Wortes Sicherheit begegnen unsere Politiker der
Verunsicherung sprachlich und reagieren auf die in Deutschland mehr
als anderswo weit verbreitete Vollkaskomentalität. 450 Millionen
Versicherungsverträge haben die Bundesbürger abgeschlossen -
statistisch kommen also auf jeden von uns sechs Policen. Damit sind
die Deutschen Weltmeister. Sie tun sich schwer mit der
»Risikogesellschaft« - ein Begriff, den der Soziologe Ulrich Beck
prägte und der den Abschied von Gewohnheiten und Traditionen meint.
Der nachvollziehbare Wunsch nach Sicherheit erweist sich mehr und
mehr als Illusion. Die Deutschen wünschen sich feste Jobs -
stattdessen boomt die Leiharbeit, viele Arbeitsverträge werden immer
nur für ein Jahr abgeschlossen. Die Deutschen wünschen sich eine
auskömmliche Rente - stattdessen wird sie für die meisten kümmerlich
ausfallen. Die Deutschen wünschen sich eine intakte Umwelt -
stattdessen sorgt der Lebensstil der industrialisierten Welt für
Raubbau an der Natur und heizt das Klima auf. Hinzu kommen
Bedrohungen neuerer Art wie der islamistische Terror. Dem gegenüber
stehen Fortschrittsgläubigkeit und Machbarkeitswahn: Krankheiten
werden als selbstverständlich reparierbare Störfälle betrachtet, der
Tod immer weniger akzeptiert. Das Gefühl der Ohnmacht, wie jetzt
angesichts des Desasters in Japan, passt da nicht hinein. Auch wenn
der Wunsch nach totaler Sicherheit illusorisch ist, leben die
Deutschen im 21. Jahrhundert so sicher wie noch nie. Weltkriege sind
unwahrscheinlich, die Lebenserwartung steigt dank medizinischem
Fortschritt stetig. Und die Automobiltechnik hat mit dafür gesorgt,
dass die Zahl der Verkehrstoten 2010 zum ersten Mal unter 4000 blieb.
Unsere Vorfahren im Mittelalter starben an Lungenentzündung, die Pest
raffte Millionen Menschen hinweg, Unwetter führten zu Missernten und
Hungertod, die Lebenserwartung lag bei 35 Jahren. Sicherheit?
Fehlanzeige! Wenn der Deutsche hinfalle, stehe er nicht auf, sondern
suche jemanden, der schadenersatzpflichtig sei, schrieb Kurt
Tucholsky. Die Katastrophe in Japan zeigt, dass neben den
Wechselfällen des Lebens auch so existenzielle Dinge wie die Energie
nicht völlig kontrollierbar sind. Der Atomausstieg, wie ihn die
Mehrheit der Deutschen zum Schutz der Gesundheit befürwortet, würde
das Leben immerhin etwas sicherer machen.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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