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Wir wollen Integration, ohne die Wurzeln zu kappen

Geschrieben am 02-03-2011

Berlin (ots) - Von Volker Kauder, Vorsitzender der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion Der Vorsitzende der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion Volker Kauder hat in der heutigen
(Mittwochs-) Ausgabe des "Hamburger Abendblatts" auf die Rede des
türkischen Ministerpräsidenten in Düsseldorf reagiert. Der Beitrag
hat folgenden Wortlaut:

"Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat in seiner Rede in
Düsseldorf leider problematische Signale ausgesandt. Zu begrüßen ist,
dass er die Türken in Deutschland und türkischstämmige Deutsche
deutlich zur Integration auffordert. Sein "Ja zur Integration" ist
aber bedauerlicherweise nicht uneingeschränkt. Denn sein "Nein zur
Assimilation" legt einen falschen Verdacht nahe.

Das Ziel der deutschen Integrationspolitik ist gerade nicht, dass
die Türken hierzulande ihre Kultur aufgeben müssen. Das Gegenteil ist
der Fall. Wir streben eine Integration an, ohne dass jemand seine
Wurzeln kappen muss. Jede andere Behauptung ist falsch.

Ähnlich verhält es sich mit dem Aufruf des Ministerpräsidenten an
türkischstämmige Mitbürger, die beste Ausbildung anzustreben und die
Universitäten zu besuchen. Dieser Appell wird leider durch die
Aussage entwertet, dass Kinder zuerst Türkisch lernen sollten. Dieser
Satz weist in eine falsche Richtung. Er kann sogar den jungen Türken
schaden. Denn für viele türkischstämmige Bürger wird sozialer
Aufstieg eine unerfüllbare Verheißung bleiben, wenn sie nicht bereits
in ganz jungen Jahren die deutsche Sprache erlernen. Das hätte der
Ministerpräsident formulieren sollen. Natürlich muss auch für das
Erlernen der türkischen Sprache Raum sein. Aber das bestreitet in
Deutschland kein verantwortungsbewusster Politiker.

Erdogan stellt die Türkei ferner als angeblich notwendige
Schutzmacht für seine hierzulande lebenden Staatsbürger dar. Das
verwundert. Kultur und Religion der hierzulande lebenden Türken sind
ausreichend geschützt. Dies zeigt schon ein Blick auf das vielfältige
kulturelle und religiöse Leben gerade der Muslime in unserem Land.

Der Schutz der kulturellen Identität eines jeden Einzelnen, gleich
welcher Herkunft, ist in Deutschland nicht nur gelebte Realität,
sondern in unserer Verfassung fest verankert. Problemen nimmt sich
die deutsche Politik an. Darauf kann sich der türkische
Ministerpräsident verlassen, auch wenn wir wissen, dass wir in der
Integrationspolitik noch vieles zu tun haben.

Die Tatsache, dass Erdogan Assimilation per se ablehnt und
ausdrücklich vor ihr warnt, irritiert aber auch noch aus einem
anderen Grund. Weshalb sollte sich ein türkischstämmiges Mädchen, das
von unserer Kultur und Liberalität begeistert ist, nicht für ein
Leben entscheiden dürfen, wie es seine deutschstämmige Freundin
führt? Sind unsere kulturellen Werte für Herrn Erdogan nicht
akzeptabel? Ein moralisches Verbot, sich auf die deutsche Kultur
einzulassen, offenbart vielmehr ein zweifelhaftes Verständnis des
europäischen Grundkonsenses, dass es jedem Menschen erlaubt sein
muss, sein Schicksal selbst zu gestalten. Niemand muss sich in
Deutschland assimilieren; wer sich unserer Kultur aber mit ganzem
Herzen zuwendet, der hat Anspruch auf Respekt und Schutz dieser
Entscheidung. Vorhaltungen sind fehl am Platz.

Mit dem Begriff der angeblichen Islamophobie baut der türkische
Regierungschef schließlich ein weiteres wenig hilfreiches
Bedrohungsszenario auf. Die Warnung vor islamfeindlichen Haltungen
vergleichbar dem Antisemitismus ignoriert unsere Rechts- und
Werteordnung und auch die Haltung der ganz großen Mehrheit in unserer
Bevölkerung.

Die Religionsfreiheit in Deutschland ist gelebte und mit höchstem
Schutz belegte Realität. In zahlreichen Moscheen können Muslime
ungehindert beten. Der türkische Staat schickt jedes Jahr Hunderte
türkische Imame in deutsche Gemeinden, die keinerlei Einschränkungen
in ihrer Religionsausübung unterliegen. Derzeit werden mit
öffentlichen Geldern neue Lehrstühle für islamische Theologie in
Deutschland eingerichtet, um die Imamausbildung im Land zu fördern.

Bedauerlich ist, dass Erdogan in seiner Rede vergessen hat, ein
realistisches Bild von der Religionsfreiheit in seinem Land zu
zeichnen. Er hätte sagen müssen, dass die Religionsfreiheit in der
Türkei unzureichend gewährleistet sei. Dazu gehört zum Beispiel, dass
die griechisch-orthodoxen Christen ihre Priester nicht in der Türkei
ausbilden können. Den Christen in der Türkei wäre schon viel damit
gedient, wenn sie nur annähernd die Religionsfreiheit genießen
könnten, die unser Land gegenüber den Muslimen selbstverständlich
gewährt."



Pressekontakt:
CDU/CSU - Bundestagsfraktion
Pressestelle
Telefon: (030) 227-52360
Fax: (030) 227-56660
Internet: http://www.cducsu.de
Email: pressestelle@cducsu.de


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