(Registrieren)

Neues Deutschland: Wo bleibt die Opposition?

Geschrieben am 11-02-2011

Berlin (ots) - Mubaraks Zeit ist abgelaufen. Das wussten alle
schon vor zwei Wochen, auch ihm selbst hätte das klar sein müssen.
Jahre gottgleicher Herrschaft waren aber auch in Ägypten der
Sensibilität eines Staatsoberhauptes für das Leben außerhalb der
Paläste nicht zuträglich, und dann gar Jahrzehnte wie im Falle
Mubaraks...

Als sehr gemäßigte Oppositionelle ihm vor einem Jahr nahelegten,
für die Präsidentschaftswahlen im September 2011 seinen Rückzug
anzukündigen und eine geordnete Nachfolge einzuleiten - das hieß
selbstverständlich auch eine ohne seinen Sohn - würdigte er sie nicht
einmal einer Antwort. Selbst anlässlich der Parlamentswahl im Herbst
wäre noch Gelegenheit gewesen, der Bevölkerung einen Silberstreif an
politischer Veränderung in Aussicht zu stellen. Doch so wie er den
Wahlvorgang selbst zu einer Farce reinsten Wassers verunstaltete, war
schnell klar, dass der Mubarak-Klüngel nicht entfernt daran dachte,
sein pharaonisches Diktaturprinzip auch nur entfernt in Frage stellen
zu lassen.

Die Chance eines in den Augen der eigenen Bevölkerung halbwegs
ehrenhaften Abtritts bestand nun nicht mehr, ganz gleich mit welch
fragwürdigen Freundlichkeiten sein Nachfolger das gestern noch
umschrieb. Aber selbst dafür schwanden die Möglichkeiten beinahe mit
jeder Stunde, die Mubarak verstreichen ließ. Er legte es offenbar
darauf an, dass ihm jeder Zacken der Krone einzeln entwunden werden
musste.

Dass dies bis zum gestrigen Tag aber noch immer anhielt, lag nicht
nur in der Haltung Mubaraks begründet. So ist die politische Haltung
der führenden Köpfe der Armee als der vermeintlich starken und
zugleich allein ihres Amtes wegen allgemein anerkannten Kraft im
Lande noch immer äußerst diffus. Keine der dürftigen Äußerungen der
Militärs ließ erahnen, inwieweit sie den massiven Forderungen nach
Demokratisierung des bedeutendsten arabischen Landes Rechnung zu
tragen gedenken. Der Grund für das verbreitete Misstrauen hat auch
ein Gesicht: das des bisherigen Vize Suleiman. Der nun inthronisierte
Nachfolger bedient alle negativen Vorstellungen, die man völlig
zurecht auch mit dem Namen Mubarak verband. Er ist alles andere als
eine Alternative zu ihm.

Jetzt, spätestens jetzt, ist es an der Zeit für die politische
Opposition, die Deckung zu verlassen und sich auf dem Tahrir-Platz
oder wo auch immer hörbar zu artikulieren. Vorsicht war sicher
angebracht nach 30 Jahren Ausnahmezustand, nach Gefängnis und Folter
für politisch missliebige Geister - die selbstverständlich erst
zueinander finden und sich auf ein Minimalprogramm als
Sofortalternative zur herrschenden Militärdiktatur verständigen
müssen. Wie lange es die Organe des Staates - welche auch immer -
zulassen werden, dass sich Leute auf dem Tahrir-Platz politisch
äußern, weiß niemand. Aber das Zeitfenster dafür kann sich sehr
schnell schließen. Mit butterweichen Appellen und angstvoll
klingenden Selbstvergewisserungen, dass die Armee sich nie gegen das
Volk wenden werde (Mohammed al-Baradei), dürfte es nicht getan sein.



Pressekontakt:
Neues Deutschland
Redaktion

Telefon: 030/2978-1715


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

315396

weitere Artikel:
  • Dithmarscher LZ: Diskussion um Folgenutzung für NS-Kultbau im Dieksanderkoog Heide (ots) - In Schleswig-Holstein gibt es keine einzige von Fachleuten betreute Gedenkstätte zum Nationalsozialismus. Die Neulandhalle im Dieksanderkoog in Dithmarschen soll als Jugendfreizeitstätte aufgegeben werden. Ein Kauf durch Rechtsextremisten ist nicht auszuschließen. Ein Historiker hat jetzt den Vorschlag gemacht, die Neulandhalle beim Bundesbeauftragten für Kultur und Medien zur Gedenkstättenförderung anzumelden. (Bericht in der Ausgabe vom 12. Februar) Pressekontakt: Dithmarscher Landeszeitung Redaktion Dithmarscher mehr...

  • Märkische Oderzeitung: Vorabmeldung - über eine Investition des Energiekonzerns E.ON edis in Eberswalde Frankfurt/Oder (ots) - In Eberswalde (Barnim) entstehen ab 1. April dieses Jahres durch die E.ON edis-Gruppe 200 neue Arbeitsplätze. Die e.dialog GmbH, eine Tochter des Energieversorgers, will in der neuen Niederlassung die gesamte schriftliche und telefonische Betreuung, die Abrechnung, das Forderungs- und Netzzugangsmanagement von Privat- und Geschäftskunden zusammenführen. "Eberswalde wird in Kürze nach Fürstenwalde/Spree, dem Sitz der E.ON edis AG, der zweitgrößte Standort des ostdeutschen Energiedienstleisters in ganz Brandenburg mehr...

  • Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke: Glückwunsch an die Demonstranten in Ägypten Berlin (ots) - "Glückwunsch an die Millionen in Ägypten, die mit friedlichen Demonstrationen den Despoten zum Rücktritt gezwungen haben. Wir feiern mit den Menschen auf dem Tahrir-Platz in Kairo", erklärt der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE Jan van Aken zum Rücktritt des ehemaligen ägyptischen Präsidenten. Der außenpolitische Sprecher Wolfgang Gehrcke: "Der Freiheitsruf von Kairo hallt durch die Welt und wird zur Hoffnung für die Demokratisierungsbewegungen in anderen Ländern. DIE LINKE unterstützt den Willen mehr...

  • Frankfurter Neue Presse: Fluch und Flucht des Pharaos. FNP-Chefredakteur Rainer M. Gefeller über die Lage in Ägypten. Frankfurt am Main (ots) - Das Volk hat seine Angst verloren. Was gibt es Grässlicheres für einen Tyrannen als diese Erkenntnis der vergangenen Wochen: dass seine Drohungen nichts mehr fruchten; dass selbst seine prügelnden Handlanger keinen Schrecken mehr erzeugen; dass das Militär dem Oberbefehlshaber nur noch halbherzig zur Seite steht? Aber wie zeigt man einem weltblinden Pharao die Ausgangstür? Die Generäle haben Mubarak gestern, nach langem Zaudern, aus seinem Palast geleitet. Aber aus Kairo vertrieben wurde der Despot mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: Naher Osten Vaatz: Zweifel an Demokratiefähigkeit der arabischen Welt Halle (ots) - Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der ehemalige DDR-Bürgerrechtler Arnold Vaatz, bezweifelt, ob die arabischen Länder fähig sind zur Demokratie. "Ich fühle mich erinnert an das, was 1989 im Ostblock stattgefunden hat - unter anderem in der DDR", sagte Vaatz der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Online) angesichts der jüngsten Ereignisse. "Bisher hat allerdings keine einzige Revolution in diesen Ländern Demokratie nach sich gezogen. Damit meine ich den gesamten muslimisch-arabischen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht