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HAMBURGER ABENDBLATT: Inlandspresse, Hamburger Abendblatt zu Ägypten und der Politik des Westens

Geschrieben am 03-02-2011

Hamburg (ots) - "Er ist ein Hurensohn. Aber er ist unser
Hurensohn", sagte US-Präsident Franklin D. Roosevelt einst über
Nicaraguas Diktator Anastasio Somoza, der das Land von 1937 an fast
zwei Jahrzehnte lang brutal beherrschte. Dieser bemerkenswerte Satz
wurde noch einmal inbrünstig von Ronald Reagan bezüglich des
irakischen Tyrannen Saddam Hussein wiederholt. Er ist bezeichnend für
die widersprüchliche Haltung des Westens, namentlich der USA, zu
nützlichen Despoten. Jahrzehntelang stand Amerika auch in Treue fest
zum Ägypter Husni Mubarak. Kritik an seinem Regime wurde durchaus
geäußert - aber meist nur in homöopathischen Dosen; die deutlichste
Kritik übte übrigens George W. Bush. Von WikiLeaks dieser Tage
enthüllte US-Diplomatenpost zeigt, dass US-Außenministerin Hillary
Clinton 2009 sogar dringend geraten wurde, den Namen des 2005
vorübergehend inhaftierten Oppositionellen Ayman Nour nicht einmal zu
erwähnen. Am vergangenen Freitag, als der Volkszorn in Kairo längst
überkochte, lobte Clinton Mubarak noch als "Anker der Stabilität."
Nun plötzlich hat es die Obama-Administration ganz eilig, seinen
Rücktritt zu fordern. Und die EU bietet dank der Schwäche ihrer
Außenpolitikchefin Ashton ein Froschkonzert Dutzender Stimmen. Der
Westen unterhält Hunderte Denkfabriken und gewaltige
Geheimdienstnetze. Jedem Experten war seit Jahren klar, dass es in
Ägypten einmal knallen würde - doch alle waren völlig überrascht, als
es dann passierte. Die stärkste arabische Macht, die jährlich von
Millionen Touristen besucht wird, ist das, was wissenschaftlich als
"Black Box" gilt, als Einheit, deren wahres Innenleben verborgen
bleibt. Der Grad der Volkswut wurde sträflich unterschätzt; und
niemand weiß genau, wie die Machtlinien und Entscheidungsprozesse in
der Armee laufen. Die weltliche Opposition bleibt nebelhaft in
Strukturen und Absichten; und der schillernden Muslimbruderschaft
wird von allerlei Kommentatoren abwechselnd unterstellt, sie wolle
einen Gottesstaat nach iranischem Vorbild oder eine islamisch
geprägte Demokratie wie in der Türkei. Der Westen hat Ägypten zu
lange nur als strategisch bedeutsamen Dominostein und regionalen
Stabilisator betrachtet, das Regime hofiert und das Volk ignoriert.
Es gibt noch viele Diktaturen auf der Welt - und somit Gelegenheit
genug, aus den Fehlern gegenüber Ägypten zu lernen.



Pressekontakt:
HAMBURGER ABENDBLATT
Ressortleiter Meinung
Dr. Christoph Rind
Telefon: +49 40 347 234 57
Fax: +49 40 347 261 10
christoph.rind@abendblatt.de meinung@abendblatt.de


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