(Registrieren)

Ausschreitungen in Tunesien: EU und UNO müssen Druck auf tunesische Regierung erhöhen

Geschrieben am 14-01-2011

Berlin (ots) - Gemeinsam mit vier weiteren
Menschenrechtsorganisationen verurteilt Reporter ohne Grenzen (ROG)
die Niederschlagung der Protestbewegung in Tunesien. Gleichzeitig
fordern ROG, das "Euro-Mediterranean Human Rights Network" (EMHRN),
die "International Federation for Human Rights" (FIDH), die "World
Organisation Against Torture" (OMCT) und das "Cairo Institute for
Human Rights Studies" (CIHRS) die Europäische Union und die Vereinten
Nationen zu einer nachdrücklichen Reaktion auf die Gewalt auf.

Die dramatische Entwicklung in dem nordafrikanischen Land sei
höchst besorgniserregend, so die Nichtregierungsorganisationen. Dort
fände eine gewalttätige und blindwütige Unterdrückung einer breiten
Protestbewegung statt, die soziale Ungerechtigkeit, Korruption sowie
die Verweigerung von Grundfreiheiten anprangert. In einem
Forderungskatalog verlangt das NGO-Bündnis unter anderem die
Aussetzung der derzeitigen Verhandlungen der EU mit Tunesien über
eine Ausweitung der gemeinsamen Partnerschaft im Rahmen der
Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP).

Die Organisationen verurteilen mit großer Entschiedenheit die
schweren, unverhältnismäßigen und systematischen Verstöße gegen die
Menschenrechte bei der Unterdrückung der Proteste. Die Gruppe
kritisiert insbesondere die Anwendung von Waffengewalt durch
Polizeieinheiten gegen unbewaffnete Zivilisten. Mindestens 23
Menschen sind bei den Zusammenstößen ums Leben gekommen, Hunderte
Demonstranten, Aktivisten und Berichterstatter wurden willkürlich
verhaftet, inhaftierte politische Häftlinge wurden misshandelt und
gefoltert.

Seit den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Oktober 2009 in
Tunesien beobachten die fünf Organisationen eine deutliche
Verschlechterung der Menschenrechtssituation in dem nordafrikanischen
Land. Die tunesische Regierung weigert sich, ihre internationalen
Verpflichtungen, namentlich bei der Meinungs-, Vereinigungs- und
Versammlungsfreiheit, einzuhalten.

Das Organisationenbündnis fordert die Europäische Union und die
Vereinten Nationen mit Nachdruck auf, Konsequenzen aus der
abwehrenden Haltung der Regierung unter Präsident Zine el Abidine Ben
Ali zu ziehen. "Wir fordern die internationale Gemeinschaft
insbesondere die UNO und EU auf, eine geschlossene Position gegenüber
der tunesischen Regierung einzunehmen." Deren Rechtsverstöße müssten
verurteilt und konkrete Maßnahmen und Schritte von den tunesischen
Verhandlungspartnern eingefordert werden.

Die Organisationen appellieren an die internationale
Staatengemeinschaft, folgende Forderungen an die tunesische Regierung
zu stellen:

- Die Achtung der Versammlungsfreiheit, vor allem das sofortige
Ende der Gewalt und des Schusswaffengebrauchs von
Ordnungskräften gegen Demonstranten.
- Die Einhaltung der Grundsätze der Meinungsfreiheit.
- Die umgehende und bedingungslose Freilassung aller Personen,
insbesondere von Menschenrechtsverteidigern, Anwälten,
Journalisten, Bloggern, Gewerkschaftern und politischen
Persönlichkeiten, die während der Protestbewegung willkürlich
festgenommen wurden sowie ein Ende von Folterpraktiken und
anderer Misshandlungen.
- Die Einsetzung einer nationalen Untersuchungskommission -
unabhängig und unparteilich - mit dem Auftrag, die begangenen
Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen (einschließlich der
Fälle von außergerichtlichen Exekutionen und willkürlichen
Verhaftungen).
- Die Einrichtung einer internationalen unabhängigen Kommission
unter der Ägide der Vereinten Nationen.
- Die Identifizierung der Verantwortlichen für die Verbrechen und
die Überführung der Täter an die Justiz.
- Die Bewilligung von Schadensersatzzahlungen an die Opfer der
Verbrechen und/oder an ihre Familien.
- Die Aufhebung der Blockade der Berichterstattung tunesischer und
ausländischer Medien, die über die Unruhen informieren möchten.
- Die Aussetzung der Verhandlungen der EU mit Tunesien über die
Bewilligung eines "fortgeschrittenen Status" im Rahmen der ENP,
solange keine konkreten Fortschritte bei der Einhaltung der
Menschenrechte im Land erreicht werden - insbesondere die
Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsrecht betreffend.
- Die Garantie der politischen und gewerkschaftlichen Vielfalt,
die Achtung der Eigenständigkeit zivilgesellschaftlicher
Organisationen, der Unabhängigkeit des Gerichtssystems, die
Aufhebung der Internetzensur und Freilassung von politischen
Häftlingen.

"Es ist lebenswichtig, dass der tunesische Staat die
Menschenrechte und Grundfreiheiten respektiert und auf Maßnahmen
verzichtet, die die Gewalt schüren könnten", warnen die
Organisationen. Andernfalls werde es keine Lösung für die aktuelle
Krise in Tunesien geben.

Lesen Sie hier eine ROG-Pressemitteilung vom 13.1.2011 zu den
aktuellen Repressionen gegen Medienschaffende in Tunesien.
http://bit.ly/fHP7cH



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Anja Viohl
Pressearbeit
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
T: +49 (0)30 202 15 10 - 16
F: +49 (0)30 202 15 10 - 29


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

310514

weitere Artikel:
  • Kirsten Tackmann und Karin Binder: Aigners Aktionsplan greift zu kurz Berlin (ots) - "Mit dem 10-Punkte-Plan, der auf längst bekannte Defizite zielt, läuft Ministerin Aigner den Vorschlägen aus den Bundesländern hinterher- und das auch noch halbherzig", erklärt Kirsten Tackmann, agrarpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zum heute vorgelegten "Aktionsplan Verbraucherschutz in der Futtermittelkette". Die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen zeigen vor allem, welche Sicherheitslücken in der Lebensmittelproduktion von den Bundesregierungen der letzten Jahre und Jahrzehnte hingenommen wurden." mehr...

  • Sahra Wagenknecht: Cem Özdemir sollte sich an die eigene Nase fassen Berlin (ots) - "Cem Özdemir sollte sich an die eigene Nase fassen, wenn er beklagt, dass immer herumgedoktert wird, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist", kommentiert Sahra Wagenknecht, wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, die Äußerungen des Grünen-Chefs zur geplanten Vermögensabgabe. "Der Vorwurf trifft nun wirklich auf ihn und Die Grünen selbst zu." Wagenknecht weiter: "In der Regierungsverantwortung der Grünen auf Bundesebene zwischen 1998 und 2005 sind die privaten Nettovermögen um zwei Billionen mehr...

  • Ruck: Unruhen in Nordafrika sind ein Zeichen ungelöster Entwicklungsprobleme - EU darf nicht tatenlos zusehen Berlin (ots) - Zu den Unruhen in Tunesien und Algerien erklärt der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Christian Ruck: "Die wachsenden Unruhen in Tunesien und Algerien sind ein Zeichen ungelöster Entwicklungsprobleme. Die dort lebenden Menschen sind nicht mehr bereit, die schlechten Lebensbedin-gungen, hohe Arbeitslosigkeit und eine miserable Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern und staatlichen Dienstleis¬tungen hinzunehmen. Verantwortlich dafür sind Regierungen, die nicht in freien und fairen mehr...

  • Saarbrücker Zeitung: Experten begrüßen Regierungsvorhaben für mehr Toleranz bei Kinderlärm Saarbrücken (ots) - Bei Fachleuten stößt das Vorhaben der Bundesregierung, die Klageflut gegen Kinderlärm einzudämmen, einhellig auf Zustimmung. Die Vorsitzende der Kinderkommission des Bundestages, Marlene Rupprecht (SPD), sagte der "Saarbrücker Zeitung" (Freitag-Ausgabe): "Wir sind froh, dass die unhaltbaren Zustände endlich durch eine Gesetzesinitiative beseitigt werden". Auch der Vorsitzende des Kinderschutzbundes Heinz Hilgers zeigte sich dem Blatt zufolge im Grundsatz zufrieden: "Wir kämpfen schon seit 20 Jahren dafür, mehr...

  • "Steigende Lebensmittelpreise - Gefahren und Chancen in der Entwicklungszusammenarbeit" Bonn/Berlin, 14.01.2011 (ots) - "Steigende Lebensmittelpreise - Gefahren und Chancen in der Entwicklungszusammenarbeit" am Freitag, 21. Januar 2011 von 9:30 bis ca. 11:00 Uhr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung Reichstagsufer 14, Berlin, Raum 4 Bonn/Berlin, 14.01.2011.Extremes Wetter, wachsende Weltbevölkerung: Die Lebensmittelpreise und Preise für Agrarrohstoffe erhöhen sich erneut aufgrund weltweit steigender Nachfrage. Laut FAO (Food and Agriculture Organisation of the United Nations) könnten sie bald mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht