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Westdeutsche Zeitung: Wikileaks = Von Wolfgang Radau

Geschrieben am 29-11-2010

Düsseldorf (ots) - Weltweit versorgen Botschafter und Konsuln ihre
Regierung in der Heimat mit Informationen, Stimmungsbildern und
Einschätzungen aus den Ländern, in denen sie "auf Posten" sind. Das
ist diplomatisches Tagesgeschäft und hat nichts mit perfider
Bespitzelung zu tun, wie sie beispielsweise in der untergegangenen
DDR gang und gäbe war. Dass Außenminister Westerwelle als eitel gilt
und Bundeskanzlerin Merkel als zögerlich, lässt sich unschwer auf
deutschen Polit-Barometern ablesen. Wer solche Erkenntnisse nach
Washington kabelt, bedient allenfalls ein allzu menschliches
Vergnügen an Klatsch, hat aber keine Erkenntnisse von Substanz
mitzuteilen. Bis dahin sind die vor aller Welt offen gelegten
US-amerikanischen Depeschen harmlos und banal. Gefährlich, in
besonderen Fällen sogar lebensgefährlich, wird es, wenn wahllos und
aus reiner Freude am Geheimnisverrat neben Info-Müll auch sensible
Interna aus Verhandlungen ausgeplaudert werden, die aus gutem Grund
geheim bleiben müssen. Denken wir an Friedensbemühungen im Nahen
Osten oder an den Umgang mit Terroristen. Gewissenhafte Medien
wissen, wo die Grenzen einer freiheitlichen Gesellschaft verlaufen.
Sie bedenken, was sie mit Veröffentlichungen bewirken oder anrichten
können, ordnen Erkenntnisse ein und kommentieren sie. Die Datendiebe
von Wikileaks hingegen besitzen noch die Niedertracht, vor der
Veröffentlichung der Geheimpapiere die US-Regierung aufzufordern,
Personen zu benennen, deren Namen geschwärzt werden müssen.
Wikileaks-Oberhaupt Julian Assange schwingt sich damit zum Herrn über
Wohl und Wehe auf. Jeder kann sich unschwer ausmalen, welche Wirkung
eine solche Schwarze Liste hat, wenn Wiki-leaks sie in der nächsten
Enthüllungsrunde ins Internet stellt. Eins zeigt der nach den
Afghanistan-Papieren zweite Vorstoß der selbsternannten "Kämpfer für
Freiheit durch Information" deutlich: dass in einer Welt der
Inter-Netzwerke die alten Spielregeln von Vertrauen und Verantwortung
mit leichter Hand gebrochen werden und die Grenzen zur Kriminalität
fließend sind. Das ist der wirkliche Gau, den Washington in diesen
Tagen erlebt und den die Weltmacht mit rechtsstaatlichen Mitteln
offenbar nicht in den Griff bekommt.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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