(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Ende des digitalen Exhibitionismus - Leitartikel

Geschrieben am 22-10-2010

Berlin (ots) - Auf den ersten Blick ist der jüngste Vorstoß der
EU-Kommission in Sachen Datenschutz mehr als überfällig: Dass intime
Daten von Internetnutzern heutzutage interessierten Unternehmen
uneingeschränkt zur Verfügung stehen und in der Regel auf Jahre
hinweg auffindbar bleiben, ist ein Missstand der digitalen Welt, der
für den Einzelnen unangenehm, aber auch gesamtgesellschaftlich
bedenklich ist. Zu groß ist die Gefahr, dass die Angaben von
Unternehmen, Parteien oder im Extremfall gar von Kriminellen
missbraucht werden. Mit gutem Grund also fordern Verbraucherschützer
und Politiker seit Monaten unisono, Konzerne wie Facebook, Google &
Co. stärker in die Pflicht zu nehmen - statt wie bislang nur auf eine
freiwillige Selbstkontrolle zu setzen. Die Brüsseler Initiative, der
zufolge Internetunternehmen ihren Kunden künftig die Möglichkeit
einräumen sollen, ihre Daten selbst zu löschen, kann da allerdings
wenig ausrichten - und klingt mehr als hilflos. Internationale
Konzerne wie Google und Microsoft speichern ihre Daten auf Servern in
aller Welt ab. Ohnehin ist das digitale Universum so weitläufig und
unüberschaubar, dass nationale Gesetze da wenig weiterhelfen. Noch
dazu ist nicht einmal gewährleistet, dass gelöschte Inhalte ganz aus
dem Netz verschwinden: Als Kopie können die Dateien jederzeit an
anderer Stelle im Netz wieder auftauchen. Eine globale Löschfunktion
für das Internet gibt es nicht. Natürlich muss man die Unternehmen
stärker als bislang in die Pflicht nehmen und ihnen eine maximale
Transparenz beim Umgang mit persönlichen Daten abverlangen. Und
natürlich müssen sie ihre Kunden über die Risiken aufklären, die aus
der Freigabe intimer Daten resultieren. Hilfreich wäre da allein
schon, die Regelungen für einen Widerspruch gegen die Datenerhebung
möglichst einfach zu gestalten - sodass solch ein Schritt nicht mit
einem unnötig großen bürokratischen Aufwand verbunden ist. Auch eine
konkrete Halbwertzeit für online verwandte Daten, nach deren Ablauf
die Informationen automatisch gelöscht werden, wäre ein Denkmodell.
Der Beweis, dass dies von den Konzernen auch global umgesetzt würde,
stünde allerdings noch aus. Machen wir uns nichts vor: Der wichtigste
Schlüssel für einen besseren Persönlichkeitsschutz im Internet liegt
ohnehin bei den Nutzern selbst. In der realen Welt sind die meisten
von uns völlig zu Recht äußerst vorsichtig, fremden Zeitgenossen oder
gar Unternehmen unsere Kontonummern, die Adresse oder auch nur die
Handynummer anzuvertrauen. Im Internet dagegen wiegen sich noch immer
erschreckend viele Leute in einer gefährlichen Sicherheit. Gerade
jüngere Menschen sind oft allzu leichtfertig bereit, sich online
quasi auszuziehen. Statt wie viele Facebooker etwa intime Urlaubs-
und Familienfotos oder andere persönliche Informationen ins digitale
Nirwana zu schicken, sollten sie den digitalen Exhibitionismus lieber
auf ein Minimum beschränken.

Originaltext: BERLINER MORGENPOST
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

296665

weitere Artikel:
  • General-Anzeiger: Langguth: Merkel steht vor Schicksalswahl Bonn (ots) - BONN. Die Debatte um Karl-Theodor zu Guttenberg als möglicher Nachfolger von Bundeskanzlerin Angela Merkel reißt nicht ab. Der Bonner Politikwissenschaftler und Merkel-Biograph Gerd Langguth sagte in einem Interview des General-Anzeigers, er schließe nicht aus, dass Guttenberg eines Tages Bundeskanzler wird. "Er wirkt weltoffen, er wirkt unabhängig, er wirkt absolut unbayerisch." Deshalb könne sich auch die CDU hinter dem CSU-Politiker und derzeitigen Verteidigungsminister versammeln. Entscheidend für die Zukunft mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Bundespräsident / Türkei / Wulff Osnabrück (ots) - Erneut unterschätzt Sollte es so sein, wie man es von Christian Wulff schon aus seiner Zeit als niedersächsischer Regierungschef kennt? Und vor allem: aus der Zeit davor, in der der jetzige Bundespräsident bereits notorisch unterschätzt worden ist? Die Wandlung seiner Wahrnehmung ist seit dem Antritt im Schloss Bellevue jedenfalls beachtlich. Bestes Beispiel dafür sind die Grünen. Zogen sie zu Beginn scharf über ihn her, schlagen sie Horst Köhlers Nachfolger inzwischen für den Karlspreis vor. Das ist nicht mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu USA / Wahlen / Kongress Osnabrück (ots) - Der entzauberte Superstar Die Entzauberung des Superstars Barack Obama ließ nicht lange auf sich warten. Gut zwei Jahre nach seinem Amtsantritt als US-Präsident droht ihm bei den Kongresswahlen eine bittere Niederlage. Alle Umfragen lassen den Schluss zu: Die Demokraten werden abgestraft. Mindestens in einer der beiden Kammern dürften die Republikaner die Mehrheit zurückerlangen. Das bedeutet für Obamas ehrgeizige Reformpläne beim Klimaschutz oder in der Steuerpolitik das Aus. Selbst dem bereits beschlossenen mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Streit um den Stabilitätspakt: Bielefeld (ots) - Politik besteht aus Geben und Nehmen. Die mächtigste Frau und der mächtigste Mann Europas haben vorgemacht, wie solche Geschäfte ausgehandelt werden: Kanzlerin Angela Merkel stimmt dem Wunsch Frankreichs nach Aufweichung des Stabilitätspakts zu, im Gegenzug unterstützt Präsident Nicolas Sarkozy den deutschen Wunsch, Defizit-Dauersündern das Stimmrecht zu entziehen und bei einer Staatspleite private Gläubiger in die Pflicht zu nehmen. Ob die Kanzlerin damit ein gutes Geschäft gemacht hat, muss sich noch erweisen. mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Proteste in Frankreich: Bielefeld (ots) - Mit dem Thema »Rente« könnte sich Nicolas Sarkozy schneller befassen müssen, als ihm lieb ist: In zwei Jahren wählt Frankreich einen neuen Präsidenten, und nach derzeitigem Stand wird es kaum der alte sein. Dabei ist es nicht allein der Protest gegen eine längere Lebensarbeitszeit, die Millionen Franzosen auf die Straße treibt. Sarkozy wird sein Vorhaben, das Rentenalter von 60 auf 62 Jahre zu erhöhen, durchpeitschen. Er hat aber den Widerstand der Bevölkerung unterschätzt. Die Protestbewegung hat nun auch die mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht