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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Gabriel und die SPD:

Geschrieben am 24-09-2010

Bielefeld (ots) - Populär oder populistisch? An Sigmar Gabriel
scheiden sich seit jeher die Geister. Unstrittig aber ist, dass sich
die SPD unter seiner Führung konsolidiert hat. Dabei hat Gabriel über
alle Maßen vom schwarz-gelben Chaos profitiert, doch ist da noch
mehr. Als Parteichef hat er die eigenen Reihen nach dem desaströsen
Bundestagswahlergebnis geschlossen. Die Arbeitsteilung mit dem
ehemaligen Kanzlerkandidaten und jetzigen Fraktionsvorsitzenden
Frank-Walter Steinmeier funktioniert erstaunlich gut. Selbst Andrea
Nahles konnte er mit dem Posten der Generalsekretärin in die
Parteidisziplin einbinden. Auf der Habenseite kann Gabriel auch das
bisweilen kongeniale Zusammenspiel mit den Grünen verbuchen. Vor
allem die konzertierte Aktion um den Bundespräsidentschaftskandidaten
Joachim Gauck hat Pluspunkte gebracht. Und als Gipfel politischer
Finesse folgte die Bildung der rot-grünen Minderheitsregierung in
NRW. All das hat der SPD gut getan, vor allem hat es die Seele der
Partei gestreichelt. Und doch hält sich der Nutzen in Grenzen. Das
wurde diese Woche besonders deutlich in der Forsa-Umfrage, nach der
es die Grünen wie die SPD auf 24 Prozent bringen. Nun mag mancher das
grüne Allzeithoch nicht ganz zu Unrecht als Popularitätsblase abtun -
die SPD kann sich mit einer solchen Einschätzung kaum beruhigen.
Müsste sie in Berlin die Grüne Renate Künast zur Regierenden
Bürgermeisterin wählen, so würde dies das Kräfteverhältnis im
rot-grünen Lager nachhaltig verschieben - von den Folgen einer
ähnlichen Konstellation in Baden-Württemberg ganz zu schweigen. Noch
ist es freilich nicht soweit. Doch die Zeit drängt, denn in der SPD
wird die Frage nach dem politischen Plan, nach dem programmatischen
Gesamtentwurf lauter. Hier hat Gabriel zuletzt große Schwächen
offenbart. Vor allem seine Ausflüge in die Stimmungsdemokratie
verwirren. Mal fordert er, für einen Volksentscheid über »den
Atomdeal der Regierung« kurzerhand das Grundgesetz zu ändern, dann
fährt er in der Integrationsdebatte Schlingerkurs. So will er Thilo
Sarrazin aus der SPD ausschließen, um wenig später kräftig gegen
»Integrationsverweigerer« zu holzen. Und Heinz Buschkowsky, der
Bürgermeister des Berliner Bezirks Neukölln, ist plötzlich
Parteichefs Liebling, wo er unlängst noch auf der roten Liste der von
Ächtung bedrohten SPD-Politiker stand. Es ist erstaunlich, dass
Gabriel gerade in der Phase, in der sich Kanzlerin Angela Merkel wie
nie zuvor vom Moderieren aufs Regieren verlegt, merkwürdig
orientierungslos wirkt. Vor lauter Freude über den schwarz-gelben
Sturzflug hat die SPD die eigene Lage überschätzt. Doch auf Dauer
wird es nicht reichen, zu sagen, wogegen man ist und was man
rückabwickeln will. Darin wird die Linke immer besser sein. Die SPD
muss deutlich machen, wofür sie steht. Schon der Parteitag an diesem
Sonntag wird einen Anhaltspunkt geben, ob Sigmar Gabriel dazu in der
Lage ist.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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