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Westdeutsche Zeitung: Die Bahn kommt, die Tarifautonomie geht = Von Alexander Marinos

Geschrieben am 07-10-2007

Düsseldorf (ots) - Dass die Bahn in den Tagen des Streiks noch
unzuverlässiger wird, als sie es ohnehin schon war, ist ärgerlich.
Dass nun aber Bahn-Vorstand und Lokführer-Gewerkschaft die Axt an die
Tarifautonomie anlegen, die zu schützen ihre vornehmste Aufgabe wäre,
ist gefährlich.

Angefangen hat mit diesem bösen Spiel der Bahn-Vorstand, indem er
die geplanten Streiks der Lokführer-Gewerkschaft GDL erstmals mit
juristischen Winkelzügen stoppen wollte. In der Abwägung der
verschiedenen Interessen ließen sich offensichtlich überforderte
Arbeitsrichter daraufhin dazu verleiten, den wirtschaftlichen Schaden
eines Streiks als neues Kriterium einzuführen. Die
Verhältnismäßigkeit in einem Arbeitskampf müsse gewahrt bleiben,
entschieden zuletzt die Richter in Chemnitz.

Seit wann, fragt man sich, ist es die Aufgabe eines Gerichts,
Unternehmen vor Schäden durch Streiks zu beschützen? Ist es nicht
gerade Sinn und Zweck eines Streiks, Unternehmen wirtschaftlich
empfindlich zu treffen? Das gehört zum Wesen eines Arbeitskampfs.
Macht das, was erst in Nürnberg und jetzt in Chemnitz entschieden
wurde, Schule, ist das Streikrecht am Ende - und damit ein
grundsätzliches Arbeitnehmerrecht, das von den Gewerkschaften in
Deutschland bisher ganz überwiegend verantwortungsvoll eingesetzt
wurde. Nur wenn die Sicherheit des Bahnverkehrs gefährdet würde oder
die Existenz des Unternehmens auf dem Spiel stünde, wäre ein
(teilweises) Streikverbot angezeigt gewesen. Beides ist abwegig.

Damit nicht genug: Der jüngste Schlag gegen die Tarifautonomie kam
am Wochenende von der GDL, indem sie die Bundesregierung aufforderte,
in den Konflikt einzugreifen. Bislang waren es vor allem die
Gewerkschaften, die zu Recht laut aufheulten, wenn Politiker den
Tarifparteien vermeintlich gute Ratschläge erteilten. Gut, dass die
Bundesregierung das unsittliche Ansinnen zurückgewiesen hat.

Tarifautonomie - das ist das im Gundgesetz verankerte Recht der
Tarifparteien, Tarifverträge frei von staatlichen Eingriffen
abzuschließen. Wie bei jedem Freiheitsrecht steckt darin auch die
Pflicht, verantwortungsvoll damit umzugehen. Doch wenn es darum geht,
verstehen die Streithähne auf beiden Seiten derzeit leider nur
Bahnhof.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211 / 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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