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LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zum Fall Mitja/Urteil -

Geschrieben am 11-09-2007

Leipzig (ots) - Von Armin Görtz. Strafe sei vor allem auf die
Zukunft gerichtet, schrieb Arthur Schopenhauer vor mehr als 200
Jahren. Im Sinne jenes Philosophen haben Leipziger Richter und
Schöffen gestern das einzig akzeptable Urteil gesprochen: Mitjas
Mörder Kolbig hat demnach keine Zukunft mehr. Jedenfalls keine in
Freiheit. Er wird nach dem Willen des Gerichts auf unbestimmte Zeit
inHaft bleiben, frühestens nach zwei Jahrzehnten aus dem Gefängnis
kommen - und in diesem Fall sofort in die Sicherungsverwahrung
wechseln. Zwar hat die Justiz danach regelmäßig zu prüfen, ob es
weiterhin Gründe für ein Wegschließen gibt. Doch sofern nicht von
Gutgläubigkeit verblendete Beamte darüber entscheiden, wird man
hoffentlich die anhaltende Gefährlichkeit Kolbigs erkennen. Erst als
sehr alter oder kranker Mann wäre seine Freilassung verantwortbar -
von der Zelle ins Bett eines Pflegeheims.
Das dauerhafte Einsperren von Verbrechern, die einzig von ihren
Trieben gesteuert werden, hat nichts mit rückwärts gewandter Rache zu
tun. Es ist - im Sinne Schopenhauers - eine auf die Zukunft
gerichtete Strafe, schützt mögliche weitere Opfer. Für Mitja kommt
dieser Schutz zu spät, seine Zukunft wurde vernichtet. Der
Richterspruch wird den Eltern keinen Trost spenden. Aber der zügige
Prozess gegen den geständigen Täter hat ihre Wunden zumindest nicht
noch weiter aufgerissen. Sofern Kolbig auf eine Prüfung des Urteils
durch den Bundesgerichtshof verzichtet, ist der Fall juristisch
abgeschlossen. Die Eltern können nun beginnen zu trauern - und dabei
den Schmerz ertragen zu lernen.
Der Rechtsstaat steht vor anderen Aufgaben. Die Vorgeschichte des
Mitja-Mörders offenbarte immensen Handlungsbedarf. Eine komplizierte
Rechtslücke, aufgrund derer Kolbig nicht schon früher in
Sicherungsverwahrung genommen wurde, ist zwar vom Gesetzgeber jüngst
geschlossen worden. Mängel gibt es aber weiterhin bei der Qualität
psychologischer Gutachten. Therapieangebote im Gefängnis reichen
nicht aus und sind oft nur eine Farce. Die Führungsaufsicht, mit der
die Justiz auf freiem Fuß befindliche Triebtäter kontrollieren
könnte, ist in ihrer derzeitigen Form kaum wirksam.
Sachsens Innenminister indes fällt nichts Absurderes ein, als die
Debatte um eine öffentliche Kinderschänderdatei aufzuwärmen. Dabei
dürfte Albrecht Buttolo wissen, dass ein solcher Pranger dem
Grundgesetz widerspräche. Es kann nicht Aufgabe von Eltern sein, per
Mausklick nach möglichen Sex-Gangstern in ihrem Umfeld Ausschau zu
halten. Es ist vielmehr Pflicht des Staates, Bürger zu schützen.
Überfällig ist deshalb eine interne Triebtäterdatei, damit Polizei,
Justiz und weitere Institutionen Betroffene im Blick behalten können.
Wäre dies bei Kolbig geschehen - Mitja würde vielleicht noch leben.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
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Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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