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Westdeutsche Zeitung: Terror = von Christoph Lumme

Geschrieben am 10-09-2007

Düsseldorf (ots) - Am 11. September 2007 kreuzen sich drei Ebenen
des Terrors: Da sind die Ziffern 9/11, das Gedenken an ein in seiner
monströsen Vernichtungskraft beispielloses Attentat. Da ist das Echo
dieses Datums, das mit verstörender Aktualität aus den deutschen
Provinzen hallt: aus Ulm, aus Oberschledorn im Sauerland, aus
Duisburg. Und da sind die vergilbten Bilder des deutschen Herbstes
1977, die nach 30 Jahren an die Oberfläche schwemmen: Andreas Baader,
abgeführt mit nacktem Oberkörper; der vom Hungerstreik ausgezehrte
Körper von Holger Meins; Arbeitgeberpräsident Schleyer vor dem
RAF-Stern.
In seiner psychologischen Wirkung trug der Herbst 1977 Züge eines
deutschen 11.September, aber Geschichte wiederholt sich nun einmal
nicht. Die Gewalt der RAF kam aus der Mitte der Gesellschaft,
inszeniert von entlaufenen Kindern der Bourgeoisie. Sie kam von
Frauen und Männern, die sich auf die Werte der Aufklärung beriefen,
um diese Werte dann im kollektiven Wahn zu ersticken. Die Terroristen
der Gegenwart hingegen morden für voraufklärerische Ideale oder einen
religiös verbrämten Nihilismus. Der Heiligenschein der
Todesbereitschaft, der Hass, der Totalverlust humanitärer Werte, der
Größenwahn und die Eitelkeit ihrer Führer, die nebulöse
Sympathisantenszene - all das sind zwar Parallelen zwischen gestern
und heute. Doch während es der RAF darum ging, Staat und Bürger zu
spalten, rücken beide nun angesichts einer universellen
islamistischen Bedrohung zusammen.
Nein, Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie schreibt sich fort.
Mit den Exzessen der RAF begann die Materialermüdung des
Rechtsstaats, und es ist der globale Amoklauf der Islamisten, der
diesen Prozess nun weiter vorantreibt.
Im Herbst 2007, 30 Jahre nach dem RAF-Trauma, steht die deutsche
Gesellschaft am Scheideweg: Entweder es gelingt ihr, den Schutz vor
Terroristen zu verstärken, ohne ihre Prinzipien der Freiheit dafür
aufzugeben. Entweder sie erkennt, dass es keine totale Sicherheit und
deshalb auch kein totales Sicherheitsstreben geben kann. Oder aber
sie installiert einen Repressionsapparat, der das demokratische
System von innen aushöhlt - und damit die Gotteskrieger triumphieren
lässt.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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