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Westdeutsche Zeitung: Türkeiwahl = von Eberhard Fehre

Geschrieben am 23-07-2007

Düsseldorf (ots) - Europa blickt erleichtert auf die Türkei.
Selbst Politiker, die aus guten Gründen einer EU-Vollmitgliedschaft
der Türkei skeptisch gegenüberstehen, hatten insgeheim auf einen
Erfolg von Erdogans gemäßigt islamischer Gerechtigkeitspartei (AKP)
gehofft. Dass dieser Erfolg so überwältigend ausfiel, hatte dann aber
auch die Beobachter überrascht. Die Wähler honorierten Erdogans
Leistung, durch eine Politik der vorsichtigen, aber konsequenten
wirtschaftlichen und politischen Reformen weite Teile der
traditionellen türkischen Gesellschaft an der Macht zu beteiligen.
Die Scheinalternative "Kopftuch oder Minirock", von Erdogans Gegnern
aufgebaut, überzeugte niemanden: Am Ende hatte Erdogan beides -
Kopftuch und Minirock -, seine Gegner blamierten sich als
Nationalisten ohne Programm.
Die Wahl ist zudem eine Antwort des Volkes auf die Putschdrohungen
der Militärs. Eine schallende Ohrfeige für die Generäle also. Aber es
bleibt die Frage, ob der Generalstab das Ergebnis tatsächlich
akzeptiert. Die AKP kann nun erneut versuchen, einen Präsidenten
durch das Parlament wählen zu lassen. Oder sie wartet das Referendum
über die Direktwahl des Staatsoberhaupts im Oktober ab. Auf den
Anspruch auf dieses Amt wird die AKP wohl kaum verzichten können.
Aber über allem schwebt weiter die Drohung des Militärs, gegen jeden
Präsidenten zu putschen, der der AKP nahesteht. Denn der Präsident
könnte den Generalstab auswechseln und die Armee der Regierung
unterstellen. Eine Forderung der EU übrigens, denn bislang ist die
Armee ein Staat im Staat, jederzeit zu jedem Verfassungsbruch bereit.
Ein wichtiger Maßstab wird auch der Umgang mit den vielen jetzt
gewählten kurdischen Abgeordneten sein. In der Vergangenheit war die
Wahl ins Parlament für Kurden oft nur ein kurzes Intermezzo auf dem
geraden Weg ins Zuchthaus.
Beide Probleme, die Präsidentenwahl und die Kurdenpolitik, könnten
für das Militär und die unterlegenen Nationalisten nun die
Gelegenheit zu einer billigen Revanche bieten, um das Land in jenes
Chaos zu stürzen, das dann den Ruf nach einem Putschgeneral
rechtfertigen soll. Erdogan stehen schwierige Monate bevor. Und er
verdient dabei die Unterstützung der Europäer - in unserem eigenen
Interesse.

Eberhard Fehre
Stellv. Politikchef
WESTDEUTSCHE ZEITUNG
Tel.: 0211/ 8382-2213
Fax: 0211/ 8382-2392
E-Mail: eberhard.fehre@westdeutsche-zeitung.de
Internet: www.wz-newsline.de

W. GIRARDET KG
Königsallee 27
40212 Düsseldorf
Kommanditgesellschaft; Sitz: Düsseldorf
Amtsgericht Düsseldorf HRA 8806

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=62556
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Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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