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Rheinische Post: Merkel, die Gipfelstürmerin

Geschrieben am 24-06-2007

Düsseldorf (ots) - Von Anja Ingenrieth

Mission erfüllt: Politik als Kunst des Möglichen - die Methode
Merkel hat wieder einmal funktioniert. Ultrapragmatisch entschied
sich die Ratsvorsitzende im Streit um einen Grundlagen-Vertrag für
das Machbare statt mit dem Wünschenswerten zu scheitern. Genau das
war für die Berliner Kanzlerin kleiner Schritte der Schlüssel zum
großen Erfolg als Europas Reform-Retterin. Hinzu kamen Strategie und
eine kluge Gipfel-Regie: Merkel fand die richtige Mischung zwischen
verhandeln und führen - agierte als Moderatorin und Machiavella. So
erzwang sie energisch und zielstrebig einen Kompromiss auf kleinem
gemeinsamen Nenner, der trotzdem das Wesentlichste der gescheiterten
Verfassung erhält. Mehr war nicht drin, und selbst das schien lange
Zeit zu viel.
Der Nachteil: Die Gemeinschaft bleibt im Kleingedruckten stecken, im
Europa der Eliten, der nationalen Egoismen, der Fußnoten und
Fußangeln. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen, Konventen und
Regierungskonferenzen steht am Ende wieder kein Grundgesetz, das
Europa eine Seele und Symbole gibt, es zur Sache der Bürger macht.
Die Gemeinschaft bekommt nur ein weiteres Mammut-Paragrafenwerk.
Der Vorteil: Dieser Reform-Vertrag hat gerade wegen der so
abgespeckten Ansprüche beste Chancen auf Realisierung. Er bringt
viele Fortschritte, die die Gemeinschaft demokratischer, effizienter
und handlungsfähiger machen: von einklagbaren Grundrechten über
gestärkte Parlamente bis hin zu einem Außenminister und weniger
Blockademöglichkeiten bei Entscheidungen im Rat. Das ist viel mehr
als nichts - wenn auch lange nicht genug.
Das wichtigste Signal vom Wochenende heißt: Die Union beschäftigt
sich künftig wieder mit Sachthemen statt mit sich selbst. Europa
erwacht aus der Schockstarre, in die es nach den gescheiterten
Verfassungs-Referenden gefallen war. Seine innere Generalüberholung
ist eingeleitet. Die 27 Staats- und Regierungschefs haben die
institutionelle Grundlage für eine stärkere Gemeinschaft gelegt - die
im Kampf gegen Terroristen effektiver handeln, ihre ehrgeizigen
Klima- und Energieziele umsetzen, auf die Herausforderungen der
Globalisierung angemessen reagieren und neue Länder aufnehmen kann.
Bessere Ergebnisse bedeutet das noch lange nicht. Dafür ist der
politische Wille zur Gemeinsamkeit entscheidend. Und was den
betrifft, lässt der jüngste Gipfel des Geschachers um nationale
Vorteile nichts Gutes erahnen. "Auswärts"-Angie geht nach ihrem
Endspiel als EU-Ratsvorsitzende jedenfalls als Siegerin vom Platz.
Innenpolitisch jedoch wird das der Kanzlerin wenig nützen. Will sie
dort punkten, muss sie daheim die gleichen Stärken ausspielen wie
beim Gipfel-Sturm in Brüssel.

Originaltext: Rheinische Post
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30621
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_30621.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303


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