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WAZ: Zum EU-Gipfel: Ohne Verfassung ein Fehlschlag - Leitartikel von Knut Pries

Geschrieben am 13-06-2007

Essen (ots) - Die europäische Verfassung ist nicht tot, sie riecht
nur komisch? Mag sein, doch der Unterschied ist nicht groß. Nächste
Woche wird sie beerdigt. Was immer die Staats- und Regierungschefs
der 27 EU-Staaten zustande bringen - eine Verfassung wird es nicht
mehr sein, und das bleibt als Fehlschlag zu verbuchen.

Was einen Teilerfolg des bevorstehenden Gipfels (und donnerndes
Selbstlob der Beteiligten) nicht ausschließt. Und natürlich ist zu
hoffen, dass es der Union gelingt, sich mit einer patenteren
Geschäftsordnung auszustatten; dass die Zuständigkeiten klarer
abgegrenzt werden; dass Javier Solana als Repräsentant der
gemeinsamen Außenpolitik endlich auch die Mittel dazu in die Hand
bekommt, dass die Blockade-Möglichkeiten eingedämmt werden und die
Volksvertretung in mehr Bereichen mitentscheidet; dass der Bürger
einklagbare Grundrechte verbrieft bekommt.

Das alles ist keineswegs sicher, aber durchaus noch drin und wäre
ein Fortschritt. Wenn er kommt, werden zahlreiche Mitwirkende sagen:
Verfassung? Lebt doch, nur unter anderem Namen. Das aber stimmt
leider nicht.

Zur Erinnerung: Das, worum es jetzt geht, ist die Beseitigung von
Mängeln, die aus dem vorigen Jahrhundert stammen und nach jeder
Vertragsrevision weitergeschleppt wurden. Also, sprach nicht nur
Joschka Fischer, brauchen wir eine Verfassung. Verfassung ist Recht,
bei dem Juristen nicht das letzte Wort haben. Das Großgedruckte, das
jeder nach Hause tragen kann. Verfassung ist der Versuch, dem Bürger
seine EU so nahe zu bringen, dass er sie sich als solche zu eigen
macht. Den Auftrag hatten sich die Staats- und Regierungschefs 2003
erteilt, als sie demokratische Legitimität und Transparenz als
Schlüsselerfordernisse des neuen Vertrags identifizierten.

Vorbei. Das Gegenteil wird passieren. Das erklärte Ziel ist nicht
mehr, dem Bürger die Augen zu öffnen, sondern ihm Sand in dieselben
zu streuen. Der Vertragstext soll möglichst unverständlich werden,
damit, je nach innenpolitischer Opportunität, die einen sagen können:
Praktisch dasselbe wie unsere gute, alte Verfassung! Und die anderen:
Hat damit nichts mehr zu tun! Bloß kein Referendum mehr, lautet das
Motto, hinterher stimmt das Volk wieder dagegen wie in Frankreich und
Holland. Das mag für die Regierungen der einzige Weg sein, jetzt noch
aus dem Loch zu krauchen, das sie sich selbst gegraben haben. Zum
Europa, das "zum Glück vereint" ist, führt er nicht.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

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Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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