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Südwest Presse: Kommentar zum Thema Kirchentag

Geschrieben am 10-06-2007

Ulm (ots) - Das Vorhaben war gewagt. Mit 3000 Veranstaltungen
präsentierte sich der evangelische Kirchentag, die große evangelische
Laienbewegung, in Köln. Die Vielfalt der Themen und Diskussionen
wurde Ausdruck protestantischen Profils: Alles hat Platz, ein
Entweder-Oder von politischer Aktion und neuer religiöser
Innerlichkeit gibt es nicht mehr. Oder wie es Kirchentagspräsident
Reinhard Höppner formuliert: "Spiritualität und Weltverantwortung
gehören zusammen."
An Letzterer war in den vergangenen Tagen kaum vorbeizukommen. Dafür
sorgte schon der Termin des Kirchentages, der gleichzeitig zum Gipfel
der Staats- und Regierungschefs in Heiligendamm stattfand. Das
G-8-Treffen hat den Kirchentag politisiert. Foren zu Klimaschutz und
Globalisierung waren stark besucht, Veranstaltungen zur gerechteren
Verteilung von Reichtum und Chancen in diesem Land ebenso. Auch der
Auftritt der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich unmittelbar nach
Heiligendamm Fragen und Kritik tausender Zuhörer stellte und dafür
begeisterten Zuspruch erntete, unterstrich den politischen Anspruch
des Kirchentages. Die engagierten Christen wollen nicht jenseits des
Zaunes stehen, wenn über die Verteilung von Geld und Rohstoffen
verhandelt wird, sondern mitreden als Privatperson oder Mitglied
einer der vielen Initiativen, die oft fröhlich, immer aber friedlich
ihre Vorstellungen für eine gerechtere Welt präsentierten.
Und die Spiritualität? Zum Bibelgespräch mit Bischöfin Margot Käßmann
kamen so viele Besucher wie zum Podium mit der Kanzlerin: 5000. Die
Person Käßmann war nicht alleiniger Grund dafür. Auch bei anderen
Bibelstunden war der Andrang groß. Die Menschen erhoffen sich
Botschaften, die den Kern ihres Seins berühren. Theologische
Worthülsen haben sie im Alltag schon genug. Insofern war der
Kirchentag auch ein Beleg für die Vitalität des protestantischen
Glaubens. "Lebendig und kräftig" wollten sich die evangelischen
Christen gemäß ihrem Motto auch präsentieren - "schärfer" im Profil
dazu.
Das entspricht durchaus einer Notwendigkeit. In die Zange genommen
zwischen der katholischen Kirche, deren Papst nicht nur die mediale
Inszenierung beherrscht, sondern auch als Oberhaupt einer großen
Weltkirche eine gewichtige Stimme im Konzert der Mächtigen hat, und
der stärker werdenden Gruppe der Konfessionslosen droht die
vielgestaltige evangelische Kirche in der öffentlichen Wahrnehmung zu
verschwinden. EKD-Vorsitzender Bischof Wolfgang Huber will dem mit
seinem Zukunftspapier "Kirche der Freiheit" entgegenwirken und hat
sich im Alltag auch schon ein Spielfeld für neues protestantisches
Selbstbewusstsein ausgesucht: Die Auseinandersetzung mit den in
Verbänden organisierten Muslimen - in Köln wortgewandt ausgetragen -
soll nicht nur die Schwierigkeiten im Miteinander zum Ausdruck
bringen, sondern auch die intellektuelle Kraft der protestantischen
Kirche unter Beweis stellen.
Huber hofft, von der Schärfe in der Abgrenzung zu anderen Religionen
zu profitieren. Nicht einmal den einen, gemeinsamen Gott will er
zwischen Christen und Muslimen anerkennen.
Damit setzt er sich ab von der katholischen Kirche, die seit dem
Zweiten Vatikanischen Konzil die Gemeinschaft mit den Muslimen in der
Verehrung des einen Gottes betont. Der von Huber und Höppner
forcierte Kurs des protestantischen Profils birgt damit die Gefahr,
neue Gräben aufzureißen.

Originaltext: Südwest Presse
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=59110
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


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