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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Organspende-Show in Niederlanden

Geschrieben am 01-06-2007

Leipzig (ots) - Die Würde des Menschen ist unantastbar. Ein großer
Satz, Grundfeste unseres Gemeinwesens, gern bemüht, wenn es darum
geht, das missionarische Sendungsbewusstsein moralisch zu
unterfüttern, mit dem Europa dem Rest der Welt gegenübertritt. Wie
passt das zusammen damit, dass seit gestern im niederländischen
Fernsehen unter dem Titel "Die große Spendershow"Leben und Tod
verhandelt werden, als ginge es um ein Cabrio als Hauptpreis einer
Spielshow? Es passt nicht zusammen.
Neu allerdings ist diese televisionäre Widerwärtigkeit aus dem Hause
Endemol nur der Dimension nach. Im Prinzip haben wir uns bereits
daran gewöhnt, dass der Mensch und sein Schicksal Ware geworden
sind:Längst schon ist Endemol auch im deutschen TV als Tabubrecher
erfolgreich, und Voyeurformate aus dem Container, auch Casting-Shows
leben davon, dass man sich selbst hinter der Tüte Chips verschanzen
und ungefährdet andere dabei beobachten kann, wie sie ihre Würde
gefährden.
Doch gibt es einen entscheidenden Unterschied zur Spendershow: Wer
sich vor dem millionenfachen Auge von Big Brother oder vor denen
Dieter Bohlens zum Obst macht, der tut dies aus freien Stücken. Das
macht das Lachen darüber leichter und die Empörung auch. Doch die
todkranken Kandidaten, die sich um die Niere einer Todkranken
bewerben, handeln unter Zwang, greifen aus Not nach dem letzten
Strohhalm.
Das ist in Deutschland undenkbar, schallt es derzeit aus allen Enden
der Republik. Und das ist wahr. Der Grund ist allerdings eine eher
zufällige Gesetzeslage: Ausgewählten Fremden dürfen Deutsche keine
Organe spenden, und Krebskranke dürfen es aus medizinischen Gründen
grundsätzlich nicht. Kein Anlass also zu moralischer Überheblichkeit.
Denn, wie gesagt:Die Mechanismen greifen auch hier. Ob öffentliche
Suche nach dem Ausbildungsplatz, Hilfe bei der Kindererziehung, in
der Schuldenfalle, in Liebesfragen - all das funktioniert nur, weil
Menschen sich selbst in mehr oder minder verzweifelter Hoffnung zum
Objekt machen und damit ihrer Würde berauben lassen. Und so sicher,
wie Big Brother und alle anderen vermeintlichen Endpunkte medialer
Verrohung schließlich auch im deutschen TV gelandet sind, wird es
auch mit dem geschehen, was nun in Holland seinen Anfang nahm.
Heute ist in Deutschland Organspendertag, das zeitliche
Zusammentreffen mit dem Show-Start in den Niederlanden sicher ein
Zufall. Aber einer, der den Blick dafür schärft, dass die
medizinische Situation hier zu Lande keinen Deut besser ist, dass
auch hier Menschen sterben, weil Menschen trotz besseren Wissens vor
allem aus Trägheit nicht zu Spendern werden. Dies in den Fokus
öffentlichen Interesses gerückt zu haben, schreiben sich die Macher
der Spendershow als Erfolg auf die Fahne. Ihnen ist nur schwer zu
widersprechen. Denn auf normalem Wege hat sich die Situation ja nicht
verbessern lassen. Ob die Spendershow etwas bewegt, wird sich
erweisen müssen. Eines aber steht schon fest: Die Würde des Menschen
ist nicht unantastbar. Wäre sie es, das Grundgesetz müsste sie nicht
vor allem anderen schützen.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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