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Westdeutsche Zeitung: G8-Gipfel von Eberhard Fehre

Geschrieben am 30-05-2007

Düsseldorf (ots) - Der Glaube an die Konferenzen, die die Welt
verändern, gehört zu den stärksten Waffen der Politik. Kein Jahr mehr
ohne G8-Gipfel. Was 1975 als zwangloses Kamin-Gespräch auf Schloss
Rambouillet in Frankreich begonnen hatte, ist inzwischen zu einem
ritualisierten Großereignis geworden, das alle Veranstalter
regelmäßig in den Ausnahmezustand versetzt. Die Ergebnisse stehen im
grotesken Verhältnis zum Aufwand: Wer kennt noch die Beschlüsse des
Petersburger Gipfels 2006? Bei Genua 2001 erinnern wir uns allenfalls
noch an den durch Polizeikugeln ums Leben gekommenen Gewerkschafter.
Carlo Giuliani übrigens hieß der 29-Jährige. Aber die Ergebnisse von
Genua?
Und nun also Heiligendamm. Selbst gemessen an den ohnehin
bescheidenen Zielen der deutschen G8-Präsidentschaft scheint auch
dieser Gipfel schon gescheitert. Klima und Afrika - honorige Ziele
auf den ersten Blick - sollten die Schwerpunkte bilden. Die
Formelkompromisse sind kaum ihr Papier wert. Nur Träumer werden das
für eine Katastrophe halten. Denn was dem Publikum als hehre
Klimapolitik verkauft wird, ist natürlich auch Kampf um Macht und
Einfluss. Das gilt ebenso für Afrika. China und Indien, nur am
Katzentisch oder gar nicht dabei, sind zu ernsthaften Konkurrenten
herangewachsen. Vor allem der Vormarsch Pekings in Afrika alarmiert.
Aber wir reden lieber von Armut, Menschenrechten oder Aids, wenn wir
tatsächlich Macht, Einfluss und Zugriff auf die knapper werdenden
Rohstoffe meinen.
Natürlich - kann man einwenden - ist es ein Wert an sich, wenn die
Mächtigen dieser Welt eine Gelegenheit haben, Standpunkte
auszutauschen. Das war ja auch die Idee von Rambouillet. Aber
rechtfertigt das den zweifelhaften Umgang mit Grundrechten, den wir
derzeit erleben? Dabei wissen wir doch, dass die wirklich
gefährlichen "Gewaltbereiten" dieser Welt gewiss nicht in den Zelten
an den mecklenburgischen Seen zu finden sind, sondern hinter
Nato-Draht geschützt im Grand-Hotel. Vielleicht wäre dem Globus und
seinen Problemen mehr gedient, wenn die als weltpolitisches
Schaulaufen inszenierte Bedeutungslosigkeit dieser "Gipfel" künftig
wieder im bescheidenen Rahmen vor dem Kamin von Rambouillet ihre
Grenzen fände. Hand aufs Herz: Wer würde etwas vermissen?

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=62556
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

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Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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