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DBR: Föderalismusreform bedeutet massiven Rückschritt für Behinderte

Geschrieben am 07-04-2006

Berlin (ots) - Der Deutsche Behindertenrat ist alarmiert. "Durch
die Föderalismusreform droht ein schwerer Rückschlag für die Rechte
behinderter Menschen", erklärt die Sprecherratsvorsitzende Brigitte
Setzer-Pathe. "Es muss dringend Änderungen bei der Föderalismusreform
geben, sonst wird das Bundesgleichstellungsgesetz ausgehöhlt. Der
Deutsche Behindertenrat fordert die Abgeordneten im Deutschen
Bundestag nachdrücklich auf, die Föderalismusreform so zu gestalten,
dass es nicht zu nachteiligen Auswirkungen für behinderte Menschen
kommt."

Gravierende Auswirkungen auf die Rechte behinderter Menschen
ergeben sich durch die Veränderung der Zuständigkeit in folgenden
Bereichen: Gaststättengesetz, Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz,
Heimrecht, Hochschulrahmenrecht sowie der Art. 84 des Grundgesetzes
(Verfahrensgesetz).

Das Gaststättengesetz und das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz
sind für die Sicherstellung der Barrierefreiheit von herausragender
Bedeutung. Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz hat sich in den
vergangenen Jahren als das bedeutendste Instrument zur Herstellung
barrierefreier Lebensverhältnisse im öffentlichen Raum erwiesen. Dies
betrifft zum Beispiel den Bau von Gehwegen und Straßen sowie den
Öffentlichen Nahverkehr.

Nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ist eine möglichst
weit reichende Barrierefreiheit Voraussetzung für Finanzhilfen des
Bundes an die Kommunen. Der Entwurf für das
Föderalismusreform-Begleitgesetz sieht zwar einen Ausgleich für den
Wegfall der Finanzhilfen vor, aber die Zweckbindung an die
Herstellung der Barrierefreiheit und die Beteiligung behinderter
Menschen an der Planung entfällt. Die gesetzlichen Regelungen der
Bundesländer zur Herstellung von Barrierefreiheit können diese Lücke
nicht schließen. Keines der Gleichstellungs-, Nahverkehrs-, oder
Straßengesetze der Bundesländer sieht eine dem § 3
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz gleichwertige Regelung vor. Diese
Regelung muss weiterhin volle Gültigkeit behalten.

Nach dem Gaststättengesetz kann die Erlaubnis zum Betrieb einer
Gaststätte versagt werden, wenn die für Gäste bestimmten Räume nicht
barrierefrei sind. Die Übertragung des Gaststättengesetzes auf die
Bundesländer wäre daher ein schwerer Rückschlag für die
gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe behinderter Menschen
am Leben in unserer Gesellschaft.

Die Föderalismusreform sieht außerdem vor, dass die Bundesländer
bei der Hochschulzulassung und den Hochschulabschlüssen vom
Bundesrecht abweichen können. Dies betrifft auch das
Hochschulrahmengesetz, das im Zuge des
Behindertengleichstellungsgesetzes ergänzt wurde. Danach tragen die
Hochschulen dafür Sorge, dass behinderte Studierende in ihrem Studium
nicht benachteiligt werden und die Hochschule möglichst ohne fremde
Hilfe in Anspruch nehmen können. Die Prüfungsordnungen müssen die
besonderen Belange behinderter Studierender zur Wahrung ihrer
Chancengleichheit berücksichtigen. Künftig können die Länder diese
Regelungen ändern. Der Deutsche Behindertenrat befürchtet daher, dass
sich die Studienbedingungen behinderter Menschen verschlechtern.

Auch die Änderung von Art. 84 Grundgesetz (Verfahrensgesetz) stößt
auf schwere Bedenken des Deutschen Behindertenrats. Danach können die
Länder die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren
selbst regeln, wenn sie Bundesgesetze als eigene Angelegenheit
ausführen. Der Deutsche Behindertenrat sieht die große Gefahr, dass
die durch das SGB IX geschaffenen gemeinsamen Verfahrensvorschriften
zur Durchführung des Gesetzes für die Träger der Sozialhilfe und der
öffentlichen Jugendhilfe ins Leere laufen. Dies gilt insbesondere für
die Verfahrensvorschriften zum trägerübergreifenden Persönlichen
Budget. Gefährdet wäre zudem die Arbeit der gemeinsamen
Servicestellen der Rehabilitationsträger, die u. a. die Integration
behinderter Menschen in das Berufsleben sicherstellen sollen.

"Die Neufassung des Artikel 84 GG würde somit den wichtigen Zielen
des SGB IX zur Teilhabe behinderter Menschen zuwiderlaufen", warnt
die DBR-Sprecherratsvorsitzende Brigitte Setzer-Pathe. Der Deutsche
Behindertenrat fordert hier eine gesetzgeberische Klarstellung,
wonach das SGB IX ein Ausnahmefall im Sinne des Artikels 84 GG ist.
Damit wäre gesichert, dass hier ausschließlich Bundesrecht gilt.

Schwere Bedenken hat der Deutsche Behindertenrat auch gegen die
Übertragung des Heimrechts vom Bund auf die Länder. Es besteht die
Gefahr, dass dies zu unterschiedlichen Qualitätsstandards in
Pflegeheimen und Heimen für behinderte Menschen führt. Dies ist für
den Deutschen Behindertenrat in keiner Weise akzeptabel.

V.i.S.d.P. Dorothee Winden

Originaltext: Deutscher Behindertenrat (DBR)
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=43665
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_43665.rss2

Deutscher Behindertenrat (DBR)
Sekretariat:
Sozialverband Deutschland (SoVD)
Bundesverband
Stralauer Straße 63
10179 Berlin
Telefon: 030/72 62 22 120
Telefax: 030/72 62 22 328

Pressestelle:
Tel. 030/72 62 22 123
Internet: www.deutscher-behindertenrat.de


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