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Westfalenpost: Zum Glück vereint

Geschrieben am 23-03-2007

Hagen (ots) - Europa feiert seinen 50. Geburtstag
Von Knut Pries
In der gängigen Erzählung ist die EU eine Veranstaltung, die in den
50 Jahren ihres Bestehens mit einem stetigen Schwund an guter Laune
zu kämpfen hatte. Die Gründerväter, heißt es, seien sich erstens
einig gewesen und hätten zweitens ihren Enthusiasmus breit ins
Publikum getragen.
Das ist eine herzerwärmende Erzählung, aber keine ganz richtige.
Auch die Gründung der EWG war schon von den unterschiedlichen
Interessen begleitet, die bis heute das Werk der Einigung zu einem
mühsamen Geschäft machen. Die Franzosen setzten durch, dass neben der
EWG ein Verbund zur Förderung der Atomwirtschaft ins Leben gerufen
wurde, und sorgten für stärkere Berücksichtigung dessen, was heute
"das europäische Sozialmodell" heißt.
Die Briten blieben zunächst außen vor und versuchten sich am
Konkurrenzunternehmen einer Freihandelszone. Daraus ist nicht viel
geworden, aber die Gegensätze leben fort.
Um so höher ist zu veranschlagen, was die Festbotschaft in die
feierlichen Worte kleidet: "Wir Bürgerinnen und Bürger der
Europäischen Union sind zu unserem Glück vereint." Ein guter
Merksatz. Er stimmt in beiden Teilen seines Doppelsinns. Er stimmt
als Befund: Die erreichte Einigung, vor allem die Überwindung der
Ost-West-Spaltung, ist ein historisch einmaliger Fortschritt.
Das schöne Wort vom Glück stimmt aber auch als Auftrag. Es
bezeichnet die Bestimmung des Projekts: Sinn und Zweck all dessen,
was wir als "Brüssel" kennen und oft beschwerlich finden, ist das
Glück der Bürgerinnen und Bürger dieses Kontinents. Gemeinsamkeit ist
das einzige taugliche Mittel, den Anspruch gegen rivalisierende
Konzepte zu behaupten.
Richtig ist allerdings auch, dass die Gemeinsamkeit mit der großen
Europäischen Gebietsreform, der Eingemeindung des vormaligen
Ostblocks, auf eine nie dagewesene Belastungsprobe gestellt wird. In
den neuen Mitgliedsländern wird das Glück, das man hatte, und das
Glück, das man sucht, in erster Linie unter der Adresse Nato/USA
vermutet. Die EU ist als Warenhaus für zusätzliche Bestellungen
willkommen, nicht als natürliche politische Heimat der eigenen
Identität.
Die fromme Hoffnung, die Neuen würden mit besonderem Engagement die
Einigung vorantreiben, hat sich nicht erfüllt. Wenn der tschechische
Präsident Klaus meint, an die Stelle des Kommunismus sei heute
"aggressiver Umweltschutz" getreten, ist das nicht nur grober Unsinn,
sondern auch eine Verhohnepiepelung eines - gottseidank -
fortgeschrittenen europäischen Bewusstseins vom Wert der natürlichen
Grundlagen jeden Glücksstrebens.

Originaltext: Westfalenpost
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=58966
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_58966.rss2

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Rückfragen bitte an:
Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174160


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