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Neue Debatte über Rohstoffsicherheit in Deutschland

Geschrieben am 23-03-2007

Essen (ots) - Die Rohstoffsicherheit entwickelt sich immer mehr zu
einem bedeutenden politischen Thema. Die Bundesregierung und der
Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) haben im März 2005 beim
ersten Rohstoffgipfel vereinbart, in einem engen Dialog eine
Rohstoffstrategie für Deutschland zu entwickeln, die gemeinsam von
Politik und Wirtschaft getragen wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel
hat nun vor über 300 Teilnehmern des 2. BDI-Rohstoffkongresses, der
am 20. März 2007 in Berlin unter dem Leitthema "Rohstoffsicherheit -
Anforderungen an Politik und Industrie" stattfand, den Aufbau einer
deutschen Rohstoffsicherungsstrategie angekündigt. Im Fokus der
Tagung standen die nicht-energetischen, insbesondere die metallischen
Rohstoffe. BDI-Präsident Jürgen R. Thumann hob zuvor in seiner
Eröffnungsrede im Namen der deutschen Industrie in Anbetracht der
gravierenden Rohstoffimportabhängigkeiten hervor, dass
Rohstoffsicherheit ein existenzielles Anliegen für den
Industriestandort Deutschland ist und daher eine strategische
Rohstoffpolitik verwirklicht werden muss.

Bereits während der Rohstoffkrise 2004/2005 war vor den
volkswirtschaftlichen Risiken der hohen Rohstoffabhängigkeit sowohl
bei den energetischen als auch bei den mineralischen Rohstoffen
gewarnt worden. Zu letzteren hatte der GVSt mit Blick auf die
seinerzeitigen Verknappungen und Preisexplosionen bei Kokskohle und
Koks sogar eine Studie beim renommierten EEFA-Institut über den
Rohstoffeinsatz als strukturprägenden Faktor für die Industrie
beauftragt, in der u. a. die sektoralen Kosteneffekte und
Beschäftigungsverluste in Deutschland durch eine Verdopplung der
Rohstoffpreise untersucht worden sind (siehe FAA "Risiken der
Rohstoffabhängigkeit" vom März 2005). Seither sind die
internationalen Rohstoffpreise teilweise sogar noch stärker gestiegen
(um bis zu 600 %).

Der anlässlich des jüngsten BDI-Rohstoffkongresses veröffentlichte
Ergebnisbericht der BDI-Präsidialgruppe "Internationale
Rohstofffragen", die sich mit den nichtenergetischen Rohstoffimporten
befasst hat, stellt in seinen Kernbotschaften unter anderem fest:

"Nicht nur Öl und Gas, auch metallische Rohstoffe sind von
strategischer Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Unsere Importabhängigkeit von diesen Rohstoffen ist extrem hoch. Ein
Großteil unserer Produkte, mit denen wir auf den Weltmärkten
erfolgreich sind, basiert auf metallischen Rohstoffen. Metalle sind
für eine Vielzahl von Branchen unverzichtbar, von der Luft- und
Raumfahrttechnik über die Elektrotechnik- und Elektronikindustrie bis
zur Automobilindustrie.

Durch die Preis- und Kosteneffekte der Rohstoffverteuerung seit
2001 sind die Produktion in Deutschland um 0,6 % und das BIP um 0,4 %
geringer ausgefallen. Ebenso sind bis dato knapp 140 000
Arbeitsplätze verloren gegangen, und die Arbeitslosenquote ist um 0,4
% gestiegen.

Wegen des Rohstoffhungers der Schwellenländer wird die Nachfrage
nach Rohstoffen hoch bleiben. Hohe Preise und knappe Mengen werden
die internationalen Märkte für metallische Rohstoffe noch längere
Zeit prägen. Abnehmender Wettbewerb aufgrund von
Konzentrationsprozessen sowie Rohstoffprotektionismus in Gestalt von
gezielten handels- und wettbewerbsverzerrenden Eingriffen
kennzeichnet die internationalen Märkte für metallische Rohstoffe in
zunehmendem Maß."

Einerseits sieht der BDI in seinen Kernbotschaften
Rohstoffversorgung auch in Zeiten knapper und teurer werdender
Rohstoffe als Sache der Unternehmen selbst an. "Es ist und bleibt die
Aufgabe der Unternehmen, durch strategische Ausrichtung und
Wahrnehmung der bestehenden Handlungsspielräume ihre
Rohstoffversorgung bestmöglich zu sichern." Aber genauso wird
eindeutig die Politik in die Pflicht genommen:

"Die Politik muss sich dort kümmern, wo die unternehmerischen
Möglichkeiten erschöpft, wo jedoch politische
Gestaltungsmöglichkeiten vorhanden sind. Politisch verursachte
Probleme auf den internationalen Rohstoffmärkten müssen politisch
gelöst werden."

Das gilt nicht nur für die importierten und die metallischen
Rohstoffe. Ausdrücklich weist der BDI auch darauf hin, dass heimische
Primärrohstoffe zur Rohstoffsicherheit beitragen können und überdies
Know-how, Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland sichern.
Insgesamt seien die öffentliche Informationslage und das
Problembewusstsein über die Rohstoffthematik unterentwickelt.

Die Bundeskanzlerin bestätigte in ihrer Rede auf dem
Rohstoffgipfel diese Erkenntnisse und stellte ausdrücklich fest: "Es
gibt eine Parallelität zwischen der Betrachtung der Energieversorgung
und der Betrachtung der Rohstoffe, die nicht in das Feld der
Energieversorgung fallen, die aber natürlich für die gesamten
Werkstoffproduktionen von allergrößter Bedeutung sind." An anderer
Stelle hob die Bundeskanzlerin hervor: "Die alte Faustregel, dass 20
% der Menschheit in Europa, Nordamerika und Japan mehr als 80 % der
weltweiten Bergbauprodukte konsumieren, gilt nicht mehr. Mit China,
Indien und anderen bevölkerungsreichen Schwellenländern sind heute
mehr als 50 % der Weltbevölkerung entscheidend in die
Rohstoffnachfrage eingebunden; und es werden sicherlich tendenziell
mehr werden. Ich muss daran erinnern, dass unser Anteil an der
Weltbevölkerung tendenziell abnimmt. D. h. also, wir müssen uns mit
einem Thema auseinandersetzen, das viele Dimensionen hat."

Wie bei den energetischen Rohstoffen ist auch bei vielen
nicht-energetischen Rohstoffen eine Konzentration der Weltförderung
auf wenige Förderländer auszumachen. Der größte Teil der weltweiten
Rohstoffförderung kommt aus nur acht Ländern. In Extremfällen können
durch diese starke regionale Konzentration, wie die Bundesregierung
ebenfalls hervorhebt, erhebliche "politische und wirtschaftliche
Risiken" entstehen.

Als Antwort der Bundesregierung auf diese Herausforderungen im
nicht-energetischen Rohstoffbereich stellte die Bundeskanzlerin
Elemente einer neuen Rohstoffstrategie vor, die vor allem auf
außenwirtschaftliche und entwicklungspolitische Instrumente sowie die
nachhaltige Steigerung der Rohstoffproduktivität setzt. Die
Bundesregierung geht im Gegensatz zu Ansichten, die allein auf die
Selbstheilungskräfte des Marktes setzen wollen, davon aus, dass die
Rohstoffknappheit und die damit verbundene Rohstoffpreis-Hausse über
einen längeren Zeitraum andauern und sich möglicherweise weiter
verschärfen werden, weshalb eine politische Gegensteuerung
erforderlich ist.

Ob die neue rohstoffpolitische Strategie der Bundesregierung zur
Bewältigung der Herausforderungen ausreicht, ist mit Fragezeichen zu
versehen.

So sieht eine aktuelle Studie der Montanbehörde des
österreichischen Bundesministeriums für Wirtschaft zur Stabilität der
Rohstoffversorgung der EU "kein Ende der Rohstoffkrise", die
"Angebots- und Preissituation auf den Rohstoffmärkten dramatisch
verändert" und bereits die aktuelle Sicherheitslage bei vielen
mineralischen Rohstoffen, explizit diejenige bei Eisenerz und
Kokskohle, "mit Sorge". In diesen Bereichen ist die
Importabhängigkeit und damit die Verletzbarkeit der EU auch deshalb
groß, weil die eigene Produktion bisher so stark zurückgenommen
worden ist.

Neben dem anhaltenden Nachfragesog aus China und Fernost ist hier
inzwischen eine sehr hohe globale Angebotskonzentration zu
konstatieren; beispielsweise entfällt auf nur drei Länder (China,
Australien und Russland) fast zwei Drittel der weltweiten
Kokskohleproduktion. Und fast 80 % dieser Produktion wird von nur
drei Unternehmen kontrolliert, die noch dazu eine starke
Marktstellung auch bei Eisenerz und anderen Rohstoffen haben. Hinzu
kommen der starke Staatseinfluss und/oder politische Unsicherheiten
in vielen Förderländern. Gut die Hälfte der weltweiten
Bergbauproduktion und fast 60 % speziell der Kokskohlenproduktion
entstammen Ländern, die nach einer Kategorisierung der Weltbank als
"politisch instabil" einzustufen sind, so die österreichische Studie.

Originaltext: GVST GV d. deut. Steinkohlebergbaus
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=54802
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_54802.rss2

Pressekontakt:
Gesamtverband des deutschen Steinkohlenbergbaus
Andreas-Peter Sitte
Rellinghauser Str. 1
45128 Essen
Tel.: 0201/177-4320
Fax: 0201/177-4271
E-Mail: andreas-peter.sitte@gvst.de


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