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Westdeutsche Zeitung: Staatsverschuldung = von Alexander Marinos

Geschrieben am 14-02-2007

Düsseldorf (ots) - Es mutet wie ein rechthaberischer Kampf von
gestern an: Schwarz-Gelb klagt gegen Rot-Grün, weil der
Bundeshaushalt 2004 womöglich nicht verfassungskonform war.
Tatsächlich aber geht es nicht um späte Triumphe, sondern um klarere
Schuldengrenzen. Es geht darum, verbindliche Grenzwerte für das süße
Gift der Kreditaufnahme festzulegen, das kurzfristig berauschend
wirkt, langfristig jedoch bittere Folgen nach sich zieht.
Nun sind Staatsschulden ja an sich noch nichts Schlimmes.
Voraussetzung ist, dass damit Investitionen finanziert werden, die
künftigen Generationen zugute kommen. Genau das regelt der Artikel
115 des Grundgesetzes. Nur in Ausnahmefällen, bei einer Störung des
gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, darf die Nettokreditaufnahme
die Summe der Investitionen übersteigen. Dummerweise haben die
Bundesregierungen in den vergangenen 25 Jahren satte elfmal von
dieser "Ausnahme"-Klausel Gebrauch gemacht.
Auch die Große Koalition hat das Schlupfloch schon genutzt, was die
Verhandlung in Karlsruhe besonders brisant macht. Man stelle sich das
vor: Angela Merkel klagt als Oppositionschefin gegen ein Verfahren,
das sie in ähnlicher Form zwei Jahre später als Kanzlerin selbst
anwendet. Auch im Etat 2006 überstieg die Neuverschuldung die Summe
der Investitionen. Wie zuvor Rot-Grün stellte die Große Koalition
eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts fest. Anders
als 2004 zeichnete sich da aber schon der beginnende Aufschwung ab.
Sollten die Verfassungsrichter zu der Auffassung gelangen, dass der
Haushalt 2004 verfassungswidrig war, dann war es der Etat 2006 erst
recht.
Das alles zeigt, wie wichtig es ist, das Schlupfloch im Artikel 115
zu stopfen. Erstens muss verbindlich definiert werden, was zu den
Investitionen zählt. Zweitens müssen Verkäufe, also De-Investitionen,
künftig berücksichtigt werden. Drittens sollte nicht mehr die
Regierung bestimmen, wann eine Störung vorliegt, sondern ein
unabhängiges Gremium - zum Beispiel die Bundesbank.
Wünschenswert wäre allerdings, dass der Gesetzgeber selbst die
Konsequenzen zieht. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat eine
Änderung des Artikels 115 ja bereits in Aussicht gestellt, um die
"Selbstdisziplin" zu fördern - wie er in einem Interview mit unserer
Zeitung offen zugab.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=62556
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

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Telefon: 0211/ 8382-2526
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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