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Stuttgarter Nachrichten: Kreise: Regierung hat sich um Kurnaz aktiv bemüht

Geschrieben am 26-01-2007

Stuttgart (ots) - Die Bundesregierung bezieht erstmals Stellung zu
Vorwürfen, ihre rot-grüne Vorgängerregierung habe sich nicht
ausreichend für die Freilassung des früheren Guantanamo-Häftlings
Murat Kurnaz eingesetzt und sich noch 2005 in den USA um belastendes
Material gegen ihn bemüht. Die Stuttgarter Nachrichten (Samstag)
zitieren aus einem aktuellen Papier aus Regierungskreisen, das der
Zeitung vorliegt: "Die (damalige) Bundesregierung hat sich aktiv um
Kurnaz bemüht" und "sich bei zahlreichen Gelegenheiten gegenüber
amerikanischer und türkischer Seite für ihn eingesetzt", wollte aber,
dass er in die Türkei gebracht wird.

Das deutsche Ausländerrecht habe unter Sicherheitsgesichtspunkten
die Prüfung verlangt, ob ein Ausländer den Terrorismus unterstützt.
Diesem gesetzlichen Auftrag sei die Bundesregierung im Rahmen der
präventiven Gefahreneinschätzung nachgekommen - "nicht mehr und nicht
weniger." Seit dem 11. Oktober 2001 habe gegen Kurnaz ein
staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der
Bildung einer kriminellen Vereinigung bestanden. Im Mai 2002 hätten
deutsche Sicherheitsbehörden die Bundesregierung informiert, dass
"bei Würdigung der Gesamtumstände Grund zur Annahme besteht, dass
Murat Kurnaz nach Pakistan gereist ist, um von dort aus an der Seite
der Taliban in Afghanistan gegen die US-Streitkräfte zu kämpfen".

Noch im Dezember 2005 seien deutsche Verfassungsschutzbehörden
davon ausgegangen, dass Kurnaz von islamistischen Kreisen "bis hin
zur Teilnahme am notwendigen Jihad" indoktriniert worden sei.

"Die Türkei hat von Anfang an klar gemacht, dass sie sich für
Kurnaz verantwortlich fühlt. Sie hat ihn 2002 in Guantánamo
aufgesucht und stand in Kontakt mit ihm und seiner Familie", heißt es
in dem internen Papier in Regierungskreisen. Den türkischen Behörden
sei gelungen, fünf ihrer Staatsangehörigen aus Guantanamo
freizubekommen. "Im Fall Kurnaz haben die USA nach türkischen Angaben
unter Hinweis auf die besonders schweren Vorwürfe gegen ihn eine
Freilassung verweigert." Die Sicherheitsbedenken der USA seien wegen
der Person Kurnaz, seines Umfelds und der Zweifel an seiner
Darstellung der Pakistanreise entstanden.

Aus der Aktenlage ihrer Vorgängerregierung stelle sich der
aktuellen Regierung demnach folgendes Bild: "Die USA beabsichtigten
im Herbst 2002, eine Gruppe von Gefangenen freizulassen, gegen die
keine erheblichen Sicherheitsbedenken vorliegen." Dies sei zwischen
deutschen und amerikanischen Geheimdienstmitarbeitern diskutiert
worden - "und hat bei den deutschen Befragern von Murat Kurnaz
offenbar den Eindruck erweckt, dessen Freilassung stünde
unmittelbar bevor". Tatsächlich aber hätten die US-Stellen im Februar
2003 mitgeteilt, dass Kurnaz' Freilassung nicht beabsichtigt sei.

Bevorzugtes Zielland im Falle einer Freilassung war aus deutscher
Sicht demnach die Türkei - dessen Staatsangehörigkeit Kurnaz besitzt
und wo sich demnach seine Ehefrau und weitere Familienmitglieder
aufhielten. Allerdings wollte Berlin vermeiden, dass Kurnaz dank
seines deutschen Aufenthalttitels von der Türkei aus unkontrolliert
wieder nach Deutschland einreist, heißt es aus Regierungskreisen:
"Wegen gravierender Sicherheitsbedenken der zuständigen Behörden war
die Bundesregierung der Meinung, Kurnaz solle nach seiner Freilassung
in die Türkei nicht ohne Überprüfung der Sicherheitsbedenken nach
Deutschland einreisen." So hätte Kurnaz von der Türkei aus ein
Visumverfahren für Deutschland anstreben können, dass deutsche
Behörden überprüft hätten.

Kurnaz im Fall der Freilassung als Gegenleistung als V-Mann in der
deutschen Islamistenszene einzusetzen, sei eine Überlegung einzelner
amerikanischer und deutscher Geheimdienstmitarbeiter gewesen und von
der Führung der deutschen Behörden abgelehnt worden.

Originaltext: Stuttgarter Nachrichten
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=39937
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_39937.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Stuttgarter Nachrichten
Chef vom Dienst
Joachim Volk
Telefon: 0711 / 7205 - 7110
cvd@stn.zgs.de


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