LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zur Gesundheitsreform -
Geschrieben am 12-01-2007 |
Leipzig (ots) - Von Maja Zehrt. Für Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ist es - mal wieder - ein wichtiger Durchbruch. Für SPD-Chef Kurt Beck sogar ein endgültiger Durchbruch. Doch was ist die Gesundheitsreform für die Bürger? Zunächst: Komplett unverständlich. Fast 80 Prozent der Deutschen, quer durch alle Parteien und Schichten, haben keinen Schimmer, was die Regierung in ihren nächtlichen Marathonsitzungen ausgebrütet hat. Allerdings schwant einigen Versicherten, dass die Reform zunächst keine Verbesserung für sie bringt: Die Krankenkassen erhöhen die Beiträge, um bis zur Einführung des Gesundheitsfonds ihre illegal angehäuften Schulden zu tilgen. Die Lohnnebenkosten bleiben zu hoch, verhindern Investitionen und neue Jobs. Nimmt sich die Regierung das Urteil der Bürger zum Maßstab, dann ist sie bei der Gesundheitsreform ganz jämmerlich zusammengebrochen. Selbstkritik scheint jedoch eines der letzten politischen Tabus zu sein. Die Maßstäbe von SPD und Union sehen deshalb anders aus. Erst kommt die Gesichtswahrung mit Blick auf Länderinteressen und die Bundestagswahl 2009, dann die Befriedigung diverser Klientelforderungen. Die Versicherten tauchen am Ende auf. Fazit: Selbst wenn sie noch so wenig von dem Mammutprojekt verstehen, ihre schwindende Bedeutung im politischen Geschehen spüren die Menschen genau. 82 Prozent glauben Umfragen zufolge, dass auf die Interessen des Volkes kaum Rücksicht genommen wird. Die Hälfte der Befragten ist zudem überzeugt, durch Wahlen keinen Einfluss ausüben zu können. Wer nach Gründen dieser Verdrossenheit sucht, findet Antworten bei der Gesundheitsreform. Denn was haben die Menschen aus dem Prestigeprojekt von Kanzlerin Angela Merkel lernen können? Erstens: Das maximal Erreichbare der großen Koalition ist ein aufs Gerippe zerfledderter Kompromiss ohne echte Einsparungen. Dies macht keine Hoffnung auf kommende politische Konstellationen. Die Worte demografiefest und konjunktursicher sollte in nächster Zeit kein Großkoalitionär im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform in den Mund nehmen. Zweitens: Politisches Handeln beschränkt sich zunehmend auf das Abarbeiten von Lobbyinteressen. Der jüngste schwarz-rote Deal ist symptomatisch. Die privaten Kassen werden der Union zuliebe geschont, dafür bekommt die SPD ihre Versicherungspflicht. Drittens: Unionskanzlerin Merkel hat weniger Probleme mit der sozialdemokratischen Bürgerversicherung als mit ihren eigenen Ministerpräsidenten, die das Reformwerk von allen Seiten zerschossen haben. Diese Art von innerparteilichen Machtkämpfen erschließt sich nur Insidern, die von Berufs wegen oder aus bewundernswerter Neugier für derartige Possen zu haben sind. Kein Bürger muss die ganze Reform verstehen. Die Politik sollte den Menschen aber zumindest das Gefühl geben, ihr liege etwas an der Vermittlung und sie glaube ihren eigenen Worten.
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