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Lausitzer Rundschau: Der Streit um den Erzbischof von Warschau: Der Lüge langer Schatten

Geschrieben am 07-01-2007

Cottbus (ots) - Jetzt hat die Stasi-Debatte auch den Vatikan
erreicht. In Polen ausgerechnet, aber auch aus gutem Grund scheitert
der deutsche Papst mit seinem allzu vertrauensseligen Versuch, die
Vergangenheit ruhen zu lassen. Das ist gut so, denn auf den so
wichtigen Erzbischofstuhl in Warschau gehört keiner, der zwei Herren
diente. Für Benedikt XVI. ist dies eine harte Lektion, für die
katholische Kirche insgesamt die heilsame Lehre, dass auch sie nicht
über den Konflikten steht, die die Gesellschaft bestimmen.
Denn der Streit um den Bischof Stanislaw Wielgus ist mehr als eine
innerkirchliche Angelegenheit. Polen hat sich schwergetan im Umgang
mit der kommunistischen Vergangenheit. Nach den bitteren Jahren des
Kriegsrechts wurde der Abschied vom brüchig gewordenen Machtmonopol
der Kommunisten Schritt für Schritt ausgehandelt. Teil dieses
allmählichen Übergangs war es, Sünden der Vergangenheit ruhen zu
lassen. Ein Umgang mit Geheimpolizei-Akten wie im Nachbarland
Deutschland war undenkbar.
Aber es hat sich auch an der Weichsel gezeigt, dass die nationale
Versöhnung nicht gelingt, wenn dabei die Wahrheit auf der Strecke
bleibt. Die derzeitigen politischen Hakenschläge der immer wieder
aufs Neue zusammengestrickten Regierungsmehrheit sind nur erklärlich
vor dem Hintergrund dieses gescheiterten Versuchs der heilenden
Vergesslichkeit. Denn mit ihm vergiftete das Misstrauen die
politische Debatte. Und er ebnete den wütenden Korruptions- und
Verschwörungsvorwürfen der heute regierenden Gebrüder Kaczynski den
Weg.
Die Vorgänge in Warschau sind auch nicht eine ausschließlich
innerpolnische Angelegenheit. Auch beim Blick zurück auf die Jahre,
in denen hierzulande die SED regierte, fehlt allzu oft das Nachdenken
darüber, was dabei angerichtet wurde in den Köpfen und Herzen der
Menschen. Der wirtschaftliche Niedergang der DDR, ihr unerträglicher
Umgang mit der Natur, ihre lähmenden Eingriffe in die Kunst - das
alles lässt sich heute leicht beschreiben und teils sogar bemessen.
Aber mehr als alles andere war die Herrschaft der SED ein Regime der
Lüge. Die Unwahrheit, die beim Zurechtbiegen der Planzahlen und
Wahlergebnisse begann und bei der mit aller staatlichen Macht
betriebenen Diffamierung und Verurteilung von Menschen endete, war
eines der wichtigsten Herrschaftsinstrumente. Zu dieser Herrschaft
der Unwahrheit gehörte die Geheimpolizei und der Spitzel - eben weil
die Wahrheit ein Geheimnis war. Der schamhafte Blick zurück auf die
Lüge ist allerdings nicht nur im Osten Deutschlands und Europas eine
Notwendigkeit, wie auch der Fall des Günther Grass zeigt. Da tröstet
es dann sogar, wenn die älteste aller Institutionen unseres
Kontinents dieser Wahrheit ebenfalls nicht entfliehen kann.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=47069
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